Mehr als Süßigkeiten auf 208 Seiten

Siebzig Zuhörer sind in die Stadtbücherei Wittlich gekommen, um an den Erinnerungen einer Ex-Wittlicherin teilzuhaben. Hildegard Kohnen hat dort aus ihrem Buch "Liebesperlen und Lakritze" gelesen.

 Autorin Hildegard Kohnen.TV-Foto: Christina Bents

Autorin Hildegard Kohnen.TV-Foto: Christina Bents

Wittlich/Mehren. (chb) Hildegard Kohnen ist durch die Wirren des Zweiten Weltkriegs nach Altrich gekommen und hat dort bis 1985 gelebt. Ihre Erlebnisse während des Kriegs, und was danach geschehen ist, hat sie niedergeschrieben und veröffentlicht. "Ich schaue nur in vertraute Gesichter", sagte sie bei ihrer Buchvorstellung in der Stadtbücherei Wittlich. Sichtlich erfreut blickte sie in die Runde und die Gesichter der ungefähr 70 Gäste - viele Bekannte aus alten Zeiten. Die vorgesehenen Stühle hatten bei dem großen Interesse nicht ausgereicht.

Mit kräftiger Stimme begann die Autorin den Leseabend mit der Nacht, als ihr Vater starb und der Großvater sie per Telegramm nach Altrich holte und so vor einer Evakuierung nach Thüringen bewahrte.

Hildegard Kohnen beschreibt sehr bildhaft, wie sie sich damals fühlte und was sie bewegte. Es ist keine Kriegsbeschreibung, sondern die Geschichte eines siebenjährigen Kindes, das sich in einer völlig neuen Umgebung, im Kreis neuer Menschen und mit neuen Sitten zurechtfinden muss. Sie, ihre Schwester und ihre Mutter wurden in Altrich herzlich aufgenommen.

In dem Kriegsgefangenen Jan fand das Mädchen eine Vertrauensperson, so dass es trotz der schlimmen Erlebnisse wieder zu dem Kind wurde, "dem kein Streich zu übermütig, kein Baum zu hoch und keine Pfütze zu dreckig ist", wie die Großmutter damals feststellte. Auch wenn die Autorin den Alltag und die Folgen des Kriegs angemessen ernst schildert, so ist doch immer auch eine Pointe zu finden. Wie etwa, wenn sie von ihrem ersten Schultag erzählt, "der voll danebenging". Sie beschreibt sehr anschaulich, wie sie von der Lehrerin auf dem Schulhof Stockhiebe bekam, schreiend nach Hause lief und dort erzählte, dass eine Hexe sie auf dem Schulhof überfallen und verprügelt habe. Die ernsten Szenen wechseln sich mit heiteren Erinnerungen ab, die Figuren werden lebendig und machen das Buch sehr abwechslungsreich.

Hildegard Kohnen ist mit ihrem Buch ein lesenswertes Dokument der Zeitgeschichte gelungen. Nach der Lesung nutzte Hildegard Kohnen die Gelegenheit, mit den vielen vertrauten Personen über das gemeinsam Erlebte zu sprechen.

Eine Lesung in Mehren findet am Freitag, 17. September, um 19 Uhr im Bürgerhaus Alte Schule' statt. Die Lesung der Autorin - mit anschließender Signiermöglichkeit - wird musikalisch auf dem Klavier begleitet.

Kohnen Hildegard, Liebesperlen und Lakritze - Eine Kindheit zwischen Stadt und Land, Krieg und Frieden, Geest Verlag, 208 Seiten, ISBN 978-3-86685-241-9.

Drei Fragen an: Hildegard Kohnen Warum leben Sie nicht mehr in Altrich? Hildegard Kohnen: Altrich ist immer meine zweite Heimat gewesen. Bis 1985 habe ich in Altrich oder der näheren Umgebung gelebt. Dann bin ich der Liebe wegen von hier weggezogen, aber ich komme immer wieder gerne hierher. Wie kamen sie zum Schreiben? Hildegard Kohnen: Ich habe schon immer gerne geschrieben, im Karneval war ich sehr aktiv, Gedichte habe ich verfasst. In Jahrbüchern sind dann meine ersten Artikel erschienen. Durch einen Preis bei der Eifelkriminale konnte ich mit Jacques Berndorf eine Geschichte schreiben. Dann kam das Buch "Wir vom Jahrgang 34`" und jetzt "Liebesperlen und La kritze". Warum haben Sie Ihre Geschichte aufgeschrieben? Hildegard Kohnen: Ich wollte, dass meine Söhne ihre Wurzeln kennenlernen. Meine Mutter ist früh gestorben, und ich habe sie damals vieles nicht gefragt. Das sollte meinen Kindern nicht passieren.Die Autorin Hildegard Kohnen wurde 1934 in Duisburg geboren, kam durch den Krieg 1942 in die Eifel, lebte bis 1985 in Wittlich, heute wohnt sie in Brühl. Nach ihrer Berufstätigkeit begann sie zu schreiben, unter anderem den Bestseller "Wir vom Jahrgang 1934". Sie gewann verschiedene Literaturpreise. (red)

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