Messerstich in Lunge: Jetzt lautet der Vorwurf Totschlag

Trier/Wittlich · Im Messerstecher-Prozess gegen einen 30-jährigen Mann aus Wittlich sind neue Dokumente aufgetaucht. Die Hinweise belasten den Angeklagten. Das Landgericht Trier prüft jetzt, ob der Angeklagte nicht nur wegen gefährlicher Körperverletzung, sondern sogar wegen versuchten Totschlags verurteilt werden könnte.

Der Mann auf der Anklagebank wird ungeduldig. "Ich sitze jetzt schon sechs Monate." Er meint die Untersuchungshaft. "Wie lange geht das denn noch?" Der Vorsitzende Richter Armin Hardt sagt: "Wir haben hier jede Menge neue Erkenntnisse gewonnen. Die müssen wir aufklären." Und das könnte dauern.

Nach einer Dauerfehde sah dieser Prozess vor dem Trierer Landgericht von Anfang an aus. Der Angeklagte weist alle Schuld von sich. Er belastet am ersten Verhandlungstag Anfang Oktober eines der mutmaßlichen Opfer (der TV berichtete). Jetzt steht Aussage gegen Aussage.

Sicher ist nur: Am Ende eines Tages im Mai landete ein 28-Jähriger mit einem Messerstich in der Lunge auf der Intensivstation. Die Beinwunde seines Bekannten musste genäht werden. Ein Dritter, der Angeklagte, wurde festgenommen. Noch ist unklar, was passiert ist (siehe Extra). Auch ein Gutachten bringt das Gericht nicht weiter: Beides sei möglich, meint der Sachverständige. Dass der Angeklagte, ein erfahrener Kampfsportler und sogar mal Deutscher Meister, zustach oder aber das Messer versehentlich, in Notwehr, in den Rücken seines Widersachers gerammt habe.

Doch was den Angeklagten jetzt belastet, sind Mitschnitte von abgehörten Telefongesprächen, die - zufällig - aus einem anderen Verfahren aufgetaucht sind, das nicht den 30-Jährigen selbst betrifft. Nach Angaben von dem Leitenden Oberstaatsanwalt Jürgen Brauer handelt es sich dabei um ein komplexes Verfahren, bei dem es um den Verdacht auf organisierte Kriminalität gehe.Belastendes Telefongespräch

In diesem Gespräch sagt der 30-Jährige angeblich, er wolle das mutmaßliche Opfer "kaltmachen". Doch die Unterhaltung ist auf Russisch, musste übersetzt werden. Der Angeklagte bestreitet, dass er "kaltmachen" meinte, vielmehr "niederschlagen". "Das ist eine ganz andere Sache. Ich bin kein Killer."

Aufgrund der neuen Indizien geht es vor Gericht jetzt aber um versuchten Totschlag in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung. Das hat Richter Hardt mit einem rechtlichen Hinweis entschieden. Die Verteidigung behält sich vor, in diesem Zusammenhang beim nächsten Verhandlungstag am 5. Dezember weitere Anträge zu stellen. Sie will erst die Telefongespräche hören und deren Inhalt prüfen.Extra

Das mutmaßliche Opfer und ein Begleiter sollen im Mai den Angeklagten in seiner Garage aufgesucht haben, um eine Streitigkeit zu klären. Dort soll es zu einer Auseinandersetzung gekommen sein. Der Angeklagte soll dann zu einer Axt gegriffen und in Richtung des 28-Jährigen geschlagen haben. Getroffen habe er aber dessen Begleiter. Am Abend sollen dann beide mehrere Bekannte mobilisiert haben, um sich für eine weitere Auseinandersetzung zu rüsten. Auf dem Gelände einer Waschanlage soll es zwischen dem Angeklagten und seinem Kontrahenten zu Schlägen gekommen sein. Als Letzterer laut Anklageschrift mit dem Rücken zu dem Angeklagten stand, habe dieser dann ein Messer gezogen und ihm damit in den Rücken gestochen.

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