Missbrauchsprozess: Wie alt war das Opfer?

Vier Jahre Freiheitsstrafe wegen schweren sexuellen Missbrauchs an einem Kind: Dieses Urteil fällte das Landgericht vor einem Jahr. Der damals Angeklagte und für schuldig befundene Mann aus Wittlich beschäftigt nun wieder das Gericht. Allerdings wird die für Dienstag, 25. Januar, angesetzte Verhandlung wegen Erkrankung des Angeklagten verschoben. Das teilte das Landgericht am Freitag mit.

Trier/Wittlich. Es geht um die Frage, ob das Mädchen in einem der fünf Missbrauchsfälle unter oder über 16 Jahre alt war. Das hat Auswirkungen auf das Strafmaß. Wurde ein heute 67-jähriger aus Wittlich vor einem Jahr zum Teil zu Unrecht verurteilt? Könnte sein, meint der Bundesgerichtshof. Der Mann war mit Urteil vom 21. Januar 2010 in fünf Fällen für schuldig befunden worden, ein Mädchen sexuell missbraucht zu haben. Für den Angeklagten endete das Verfahren mit einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren. Er war damit nicht einverstanden und ging in Revision. Im Juni 2010 wurde dann das Januar-Urteil teilweise aufgehoben, eine erneute Verhandlung und Entscheidung wurde notwendig. Der erste Termin war im Dezember 2010, der zweite sollte am Dienstag, 25. Januar, sein. Er wird verschoben.

Worum geht's? Es soll nun geklärt werden, wie alt das Mädchen bei einer der bereits abgeurteilten fünf Taten war.

Wenn das im Dezember 1990 geborene Opfer bei einem der fünf Fälle bereits 16 Jahre alt war, müsse das Strafmaß dem angepasst werden, so die Argumentation.

Bei der Verurteilung zu der Gesamtfreiheitsstrafe war man davon ausgegangen, das Opfer sei bei allen fünf Taten unter 16 Jahren alt gewesen. Ob das stimmt oder nicht, soll jetzt geprüft werden, denn der Bundesgerichtshof hält es für möglich, dass das Opfer in einem Fall 16 Jahre war und dann der Angeklagte in diesem einen Fall zu Unrecht verurteilt wurde, was Auswirkungen auf die Bildung der Gesamtfreiheitsstrafe hätte.

Die Staatsanwaltschaft hat ihm vorgeworfen, die sexuellen Handlungen zwischen 2003 und Mai 2007 vorgenommen zu haben. Das Opfer ist die Enkeltochter einer damaligen Bekannten des Mannes. Durch den Missbrauch sei sie "bis heute in ihrer sexuellen Entwicklung beeinträchtigt", heißt es in einer Pressemitteilung des Landgerichts. Bei seinen Taten sei dem Angeklagten bewusst gewesen, dass das Mädchen ihn als Partner seiner Großmutter sah und dass deshalb ein Machtgefälle bestand.

Günther Köhler, Richter am Landgericht und verantwortlich für Pressearbeit, teilt mit, erschwerend komme hinzu, "dass das Tatopfer aufgrund körperlicher Beeinträchtigungen und einer Lernbehinderung die Vorfälle nicht zutreffend habe einordnen können und intellektuell, moralisch und emotional nicht in der Lage gewesen sei, eine selbst bestimmte Entscheidung über die Vornahme oder Duldung von sexuellen Handlungen zu treffen." Das sei dem Mann bewusst gewesen und von ihm ausgenutzt worden.

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