Missetäter an den Pranger!

Vielbeachtet, aber nicht mehr genutzt - der Bernkasteler Pranger am historischen Rathaus auf dem Marktplatz lässt erahnen, welche Schmach die Missetäter in Armreifen erdulden mussten. Fürs Urlaubsfoto lassen sich heutzutage große und kleine Besucher gerne anketten.

 Nur fürs Urlaubsfoto: David spielt zur Freude der Besucher den Missetäter am Pranger. TV-Foto: Marita Blahak

Nur fürs Urlaubsfoto: David spielt zur Freude der Besucher den Missetäter am Pranger. TV-Foto: Marita Blahak

Bernkastel-Kues. Der historische Marktplatz im Stadtteil Bernkastel ist zu jeder Tages- und Jahreszeit Anziehungspunkt für Gäste aus nah und fern. Auf der höchsten Stelle des Platzes präsentiert sich das Rathaus aus dem Jahre 1608 mit prächtiger Spätrenaissance-Fassade.

Als "Relikt" aus alten Zeiten ist an seinem linken Eckpfeiler noch heute der mittelalterliche Pranger mit Eisenketten und Handschellen zu bestaunen. Hier wurden einst die Übeltäter öffentlich zum Gespött der Leute an die Schandsäule gekettet. Diese Prangerwerkzeuge sind fest in den Eckpfeiler eingefügt. Darüber steht in goldener Schrift zu lesen: "Hochgerichtliche Straff" und "Bürgerliche Züchtigung".

Viel bestaunt, oft fotografiert, aber nicht mehr genutzt - so erinnert der Pranger an vergangene Zeiten. Die Gäste rasseln an den Ketten und streifen sich voll Übermut die breiten, fest verschlossenen Armreifen über die Hände. Die sind heutzutage aber nicht mehr zu öffnen. Und so ist den Angeketteten so manches Mal - unter dem Gelächter der Umstehenden - die Erleichterung anzumerken, wenn sie sich wieder eigenhändig aus den engen Handschellen "befreien" können.

Doch so heiter und harmlos war ehemals das "Am-Pranger-Stehen" nicht, berichtet der ehemalige Heimatdichter Peter Kremer in der Märzausgabe der "Mosella" von 1956. "Es war eine sehr ernste und peinliche Angelegenheit, zu jedermanns Hohn und Spott an den Schandpfahl oder an die Schandsäule angefesselt zu sein".

Daneben standen dann mit grimmigem zwei Stadtpolizisten, um sie vor Schlimmerem zu bewahren, denn die Missetäter durften bespuckt und beschimpft werden. So musste der Angeprangerte einige Stunden ausharren und war der Anpöbelei und Verhöhnung durch die Menge hilflos ausgesetzt.

"Das Mittelalter unterschied bis zum Ende des Kurstaates zwischen hoher (Todesstrafe, teilweise am Galgen), mittlerer (Freiheitsstrafe im Trillhäuschen oder Turm) und niederer Gerichtsbarkeit (Ehrenstrafe am Pranger).

An den Pranger, der an Stellen stärksten Publikumsverkehrs wie Rathaus und Marktplatz angebracht war, kamen nur kleinere Übeltäter. Dazu gehörten Ehrabschneider, Meckerer, Rauf- und Trunkenbolde, Diebe, die auf dem Wochenmarkt gestohlen hatten, Ehebrecher, Kuppler, Unzüchtige und auch zänkische Frauen", ist aus Kremers Feder zu erfahren. Es waren dies Verbrecher "dritter Klasse", die einige Stunden, je nach Anordnung des Rates, öffentlich am Pranger stehen mussten. Die französischen Revolutionsheere machten diesem "Spiel" an der Schandsäule ein Ende.

Der Bernkasteler Pranger aber erzählt weiter von jener "guten alten Zeit".

Und wer weiß, ob nicht irgendwann einmal der Pranger wieder zum Einsatz kommt: denn es heißt, dass die guten Beschlüsse der Mitglieder der Ratsversammlung zuweilen im Ratskeller im Erdgeschoss des Rathauses "begossen" würden. Was aber könnte geschehen, wenn es einmal keine guten Beschlüsse sind?

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