Mit 90 Jahren endlich Clochard
Morscheid-Riedenburg/Dortmund · Das Lebenswerk von Alfred Lengert spiegelt sich in nationalen und internationalen Auszeichnungen. Am 28. August feiert der in Riedenburg geborene Dortmunder Hobby-Filmer und Charakterdarsteller seinen 90. Geburtstag - parallel zum Unica-Finale der diesjährigen Weltfestspiele nicht kommerzieller Filmer in Luxemburg.
Morscheid-Riedenburg/Dortmund. Liebhaber von Hollywoodspielfilmen wissen mit dem Namen Alfred Lengert kaum etwas anzufangen. Doch im Umfeld ambitionierter Film-Autoren, die sich dem professionellen, aber nicht kommerziellen Filmen verschrieben haben, ist der Name ein Begriff. Bei ihnen ist der gebürtige Hunsrücker, der am 28. August seinen 90. Geburtstag feiert, ähnlich bekannt wie die Großen des Kinofilmgeschäfts. Viele Filme, in denen er mitspielte oder an denen er mitwirkte, erhielten Auszeichnungen - nationale wie internationale. Das hebt Klaus Werner Voß hervor, Vorsitzender des Vereins Filmklub Dortmund, den auch Lengert sechs Jahre leitete. Sein Vorgänger habe großen Anteil an den jeweils erhaltenen Gold-, Silber- oder Bronzemedaillen. Und das sowohl bei Siegerfilmen der Deutschen Filmfestspiele als auch bei denen des Unica-Festivals (siehe Extra), den Weltfestspielen der Film-Autoren. Mit dieser Bezeichnung grenzen sich die Filmer ab gegenüber reinen Amateurfilmern.
Selbst gedreht hat Lengert nur insgesamt vier Filme. Doch als Darsteller wirkte er fast 70mal in Filmen mit. Eine seiner Glanzrollen war die als Staatssicherheits-chef Erich Mielke in dem Film "Tage nach der Macht". Der Film wurde 2002 mit dem Großen Bayerischen Löwen ausgezeichnet. Ende Oktober will sich der 90-Jährige, dessen Vorbild Jean Gabin ist, als Clochard in "Unter den Brücken von Paris" einen langgehegten Wunsch erfüllen. Ungeachtet seiner Erfolge ist der gelernte Tischler, der auch in Frankreich, Italien, England, Russland und der Schweiz drehte, bodenständig geblieben. Der dreifache Großvater und zweifache Ur-Opa schätzt das Familienleben mit seiner Frau im Haus der Tochter. Und auch seine Wurzeln hat der in "ganz einfachen Verhältnissen" aufgewachsene Filmer nie vergessen. Bis heute besucht er einmal im Jahr für einige Tage seinen Heimatort Riedenburg, heute ein Ortsbezirksteil von Morbach. Dabei war er schon als Einjähriger von dort nach Duisburg gezogen, wo sein Vater Arbeit in der Zeche fand. Dass er den Hunsrück nach wie vor als Heimat sieht, liegt an den Großeltern, bei denen er ein Jahr lebte, und daran, dass er die Morscheider Schule besuchte. Sein nächster Besuch in Riedenburg steht kurz bevor. Am 16. Oktober besucht er einen Filmenachmittag des örtlichen Brauchtumsvereins, der Filme zeigen wird, an denen Lengert mitwirkte. Dabei wird er nicht nur das Gespräch mit Älteren suchen, sondern vor allem das mit der Jugend des Ortes. Er habe immer den Kontakt zu jungen Leuten mit ihrer Dynamik gesucht, weiß Voß: "Und das tut er heute noch." Eine weitere Besonderheit sei, dass er zu den wenigen nicht kommerziellen Filmemachern zähle, die nicht nach Rollen suchen müssten. Er werde von Filmern gebeten, vor der Kamera zu spielen. urs
Unica-Festival: Unica ist der Weltverband der nicht kommerziellen Filmemacher oder Film-Autoren. Im Rahmen eines Festivals, das immer in einem anderen Land stattfindet, zeichnet er jährlich die besten Filme aus. Statt eines Preisgeldes winkt die Würdigung der Leistung. Die 110 bis 120 für die Weltfestspiele nominierten Filme haben sich zuvor bei regionalen und Landesfilmfestspielen qualifiziert. Das 73. Unica-Festival findet vom 20. bis 28. August in Luxemburg statt. Die Filmer sind organisiert in Vereinen wie dem Filmklub Dortmund, der dem Bundesverband Deutscher Film-Autoren (BDFA) angehört, dem Dachverband der nicht kommerziellen Filmer in Deutschland. urs
