Mit Brücke kein Titel

Zur Kolumne "Auslese" (TV, 25. Juli) meint dieser Leser:

Winfried Simon attackiert Stuart Pigott, immerhin einer der Welt-Weinpäpste, hart. Neben abwertenden Bemerkungen über Person und Charakter des Briten, geriert sich der Autor als furioser Verteidiger des Hochmoselübergangs. Zwar mag man es nicht goutieren, wenn Pigott - in britischer Überspitzung - dazu aufruft, Beck (symbolisch) auf dem Scheiterhaufen zu verbrennen, aber sein Statement, dass "die Moselaner Schwierigkeiten damit haben, das Maul aufzumachen und offen zu sagen, dass sie die Brücke schlimm finden" enthält mehr als ein Körnchen Wahrheit! Es mag sein, dass Simon meint, die Entscheidung für den Brückenbau sei nach rechtstaatlichen Verfahren getroffen worden. Aber: Wenn er einen Beweis für eine breite Zustimmung zum Projekt darin sieht, dass kein einziges kommunales Gremium in der Region sich dem Bau widersetzt hat, dann zeugt das von einer nur geringen Kenntnis der Praxis in Gemeinderäten und Kreistagen: Ein Schweigen des Gremiums zu irgendeinem Sachthema bedeutet noch lange nicht Zustimmung! Wer sich in den letzten Jahren für das Thema interessierte, weiß, wie es gelaufen ist: In den Räten grummelte es, man fand die Brücke hässlich, aber es setzte sich die Meinung durch, dass sie wohl auch nicht schaden würde. Diese Einstellung hielt sich erstaunlich lange, obwohl bereits 2004 das Europäische Tourismusinstitut in Trier einen touristischen Rückgang im direkten Sichtbereich der Brücke von bis zu zehn Prozent prognostizierte. Aber genau diese Hoffnung - die Brücke würde wenigstens nicht schaden - wurde in den letzten Jahren zunehmend brüchig und ist nun, nach den Vorgängen in Dresden, St. Goar und St. Petersburg vollkommen obsolet! Der Antrag der Mosel auf Anerkennung des Unesco-Welterbestatus, wenn er 2012 oder 2016 gestellt würde, wird in Paris noch nicht einmal zur Prüfung angenommen, falls der Hochmoselübergang gebaut ist. Es gibt also genau zwei Möglichkeiten: Brücke ja, Titel nein - oder: Brücke nein, Titel ja! Der Wert der Auszeichnung "Welterbe" wird von Fachleuten als extrem hoch eingeschätzt. Entsprechend muss der Schaden, der durch die Nicht-Zuerkennung des Titels der Mosel auf Dauer entsteht, zu dem oben erwähnten zehnprozentigen Rückgang des Tourismus addiert werden. Herrn Simon sollte man schon zugestehen, eine Vorstellung davon zu haben, wie sich an der Mosel ein Minus von 25 oder 30 Prozent in Tourismus und Gastronomie auswirkt!

Helmut Körlings, Traben-Trarbach

Hochmosel-Brücke

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