Mit dem Eselkarren zur Rahmstation

Sehlem · Von 1930 bis 1965 gab es in Sehlem gegenüber vom Bahnhof eine Rahmstation, die von der Bevölkerung als "Molkerei" bezeichnet wurde. Aus 15 Dörfern und sechs Hofgütern wurde die Milch angeliefert. Horst Wittenbecher, dessen Vater Betriebsleiter war, erinnert sich.

Sehlem. Sahne, Butter, Limburger, Edamer und Schichtkäse wurden schon 1935 in Trier gemacht, aus Milch, die unter anderem in Sehlem gesammelt und entrahmt wurde.
Ab 1930 konnten die Bauern zwischen Bekond und Dodenburg ihre Milch in Sehlem bei der Rahmstation abgeben, damals war sie selbstständig, und ab 1935 fusionierte sie mit der Molkerei in Trier.
Die Qualität bestimmte den Preis


Horst Wittenbecher, dessen Vater dort Molkereifachmann war, erklärt: "In den ersten Jahren wurden die Kannen in den Dörfern mit Pferdegespannen eingesammelt, einer der Fahrer hatte auch einen Eselskarren, und später sind einige auch mit kleinen Lastwagen rundgefahren." In Fünf-, Zehn- und Fünfzehn-Liter-Kannen wurde angeliefert, "außer die großen Hofgüter, die hatten 40-Liter-Kannen", berichtet Wittenbecher. Mit Ort und Hausnummer hatten die 72 Bauern ihre Behälter gekennzeichnet.
In Sehlem angekommen wurde die Milch erst einmal gewogen und nach Qualität, Sauberkeit und Fettgehalt in eine Klasse eingestuft, die den Preis bestimmte. Ausgezahlt wurde meist bei den Raiffeisenbanken. Bekommen haben die Bauern in den 50er und 60er Jahren acht bis zehn Pfennig für einen Liter Milch.
In Sehlem wurde die Milch in einem großen Kessel erhitzt, der mit Kohle beheizt wurde, und anschließend entrahmt.
Horst Wittenbecher erzählt: "Wenn ich als junger Mann am Wochenende abends länger ausgegangen bin und einen getrunken hatte, bekam mein Vater das ja oft mit, und dann hieß es am nächsten Morgen, ab in die Molkerei und den Magermilchtopf saubermachen. Dann ging es einem noch schlechter als ohnehin schon. Aber bekehrt hat es mich nicht."
Im Jahr 1965 geschlossen


Interessant war es auch für Horst Wittenbecher, wenn die Milchfahrer aus den verschiedenen Orten kamen, die immer etwas zu erzählen hatten. Wittenbecher erinnert sich: "Besonders habe ich mich gefreut, als die ersten Milchfahrer mit kleinen Lastwagen kamen und noch andere Orte anfuhren. Manchmal durfte ich dann mit. Dann war ich sehr aufgeregt, denn wann hatte man mal Gelegenheit, mit einen Lastwagen zu fahren und in andere etwas weiter entfernte Dörfer zu kommen?"
Nachdem die Rahmstation 1965 geschlossen wurde, verkaufte die Gemeinde das Gebäude für 10 000 Mark. Es wurde ein Wohnhaus, und zu den Bauern kam ein Milchtankwagen.

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