Mit Schumann und Chopin ins neue Jahr

Gibt es etwas Schöneres für einen Musikfreund als ein neues Jahr mit Musik zu beginnen? Überall auf der Welt trifft man sich in diesen Tagen, um bei Neujahrskonzerten Gleichgesinnte zu sehen, ihnen alles Gute für die kommenden zwölf Monate zu wünschen und sich im Genuss guter Musik zu ergehen.Neujahrskonzert ohne Walzer und Operetten

So lud auch wieder der Musikkreis Springiersbach in den romanischen Saal des Klosters. Hier aber hörte man nicht die für diese Konzertart berühmten Walzer und Operettenmelodien wie sie vor allem die Wiener Philharmoniker berühmt gemacht haben, sondern ein breit gefächertes Programm mit Klaviermusik. Nach dem belebenden Glas Moselsekt zur Veranstaltungseröffnung, gehörte die Aufmerksamkeit im voll besetzten Saal ganz Eva Mengelkoch, einer Pianistin, die in Daun geboren wurde und heute in Baltimore in den Vereinigten Staaten ihr Zuhause hat. In ihrem Reisegepäck aus der neuen Welt in das alte Europa hatte sie Noten von Joseph Haydn, Frédéric Chopin, Samuel Barber, Robert Schumann und Ferrucio Benvenuto Busoni. Auffällig an Mengelkochs Programm war, dass sie Werke ausgesucht hatte, die man nicht all zu häufig in Konzerten erleben kann. So etwa Schumanns "Faschingsschwank aus Wien", dem fünfsätzigen Opus 26 (und nicht 16, wie irrtümlich im Programm ausgedruckt), dessen Anforderungen sie mit sehr viel Ausdruck und Gefühl gerecht wurde. Chopins erste Ballade gestaltete sie sehr lyrisch, kantilenenhaft, um dann aber in fortissimoschwere Virtuosität überzugehen. Eine eindrucksvolle Vorstellung ihres Chopinverständnisses.War es Mengelkoch in diesem zweiten Teil ihres Konzertes sehr gut gelungen, das Publikum von sich zu überzeugen, konnte man dies vom ersten Teil nicht uneingeschränkt behaupten. Etwas spröde und nicht unbedingt dazu angetan, die Zuhörer mitzureißen, erklangen Barbers "Excursions", Opus 20, dessen Wirkung man aber nicht der Pianistin, sondern eher dem Werk selber anlasten muss. Die Auseinandersetzung des Komponisten mit dem amerikanischen Folk und Jazz gibt dem berühmten Funken der Begeisterung nur wenige Chancen, überzuspringen.Allzu pianistisch geprägte Interpretation

Haydns Sonate Nr. 23 wäre da schon erheblich geeigneter gewesen, hätte sich Mengelkoch nur darauf besonnen, dass es sich eigentlich um eine Cembalosonate handelt. Die filigrane Klangwirkung ging jedoch in ihrer allzu pianistisch geprägten Interpretationsweise nahezu gänzlich verloren. Dabei hätte gerade dieses Werk die recht düstere Stimmung der eröffnenden Choralvorspiele von Johann Sebastian Bach ("Ich ruf zu dir, Herr Jesu Christ" und "Nun komm, der Heiden Heiland") in der Bearbeitung von Busoni aufhellen können. So aber blieb die Frage, ob diese Choräle unbedingt in ein Neujahrskonzert passen, unnötig schwer im Raum. Insgesamt stellte das Springiersbacher Neujahrskonzert eine Veranstaltung dar, die mit fortschreitendem Programm immer mehr Beachtung verdiente.

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