"Mit Schweigen ist es nicht getan"

BAUSENDORF-OLKENBACH. (peg) Maria Bastgen hat den Zweiten Weltkrieg noch miterlebt. Es lässt ihr keine Ruhe, dass in der aktuellen Krisensituation erneut so getan wird, als sei ein Krieg unausweichlich.

Wie alle Deutschen des Jahrgangs 1933 erlebte Maria Bastgen die Schrecken und Wirren des Zweiten Weltkrieges.Elf Jahre alt war sie, als sie 1944 von Trier aus evakuiert wurde. "Nach Thüringen sollte es gehen", erinnert sie sich, doch weit kam die Familie nicht. Bereits in Bernkastel war Endstation. Bomben hatten die Bahngleise zerstört. Seit 1946 lebte Maria in Bombogen und besuchte dort die Schule. Von den zwei Klassen, die die Schule beherbergte, ging sie in die Klasse der höheren Jahrgänge.Maria Bastgen ist eine leidenschaftliche Sammlerin von alten Dingen: Zeitdokumente, die jeden Historiker bereichern würden. Ein kleines, vergriffenes Heftchen hat es ihr besonders angetan. Sie zieht es immer wieder heraus, wenn sie zum Beispiel im Seniorenheim, wo sie den Menschen vorliest, Frühlingsgedichte vortragen möchte. Dieses Heftchen stellte zur damaligen Zeit, als es nichts gab - keine Hefte, keine Bücher, keine Stifte - einen echten Schatz dar. "Ganz reich war ich mit diesem Heft." Sie hatte es von einem Menschen geschenkt bekommen, der irgendwie mit der Fotografie zu tun hatte, soviel ergibt sich aus dem Einband.Notiert hat die heranwachsende Maria darin in engen, ordentlich geschriebenen Zeilen alle Texte, die Lehrer Drautzburg an die Tafel schrieb, und die seine Schülerinnen und Schüler auswendig zu lernen hatten. "Den Rest schrieb auch ich meistens auf die Ränder von Zeitungsseiten", erinnert sie sich.Neben Rezepten oder erbaulichen Gedichten zu sämtlichen Jahreszeiten finden sich jedoch auch ganz andere Zeilen darin: Traktate gegen den Irrsinn eines Krieges, der damals noch jedem in den Knochen saß, und der zurzeit wieder ernsthaft als Lösungsmöglichkeit eines Konfliktes erwogen wird.Und genau deshalb hat Maria Bastgen sich an die Zeitung gewandt. Sie kann es einfach nicht verstehen, dass Menschen immer wieder Kriege führen. Lebendig wurden die Zeilen bereits während des Golfkrieges 1991. "Es gruselt mich heute noch, wenn ich diese Gedichte lese", sagt sie und rezitiert mit großer Ernsthaftigkeit, was die Kinder damals lernten. Auch auf die Gefahr hin, dass man sie im Ort belächelt: Es ist ihr ein Bedürfnis, ein Zeichen gegen den Krieg zu setzen, und wenn es nur ein kleines ist. Mit Schweigen sei erst recht nichts getan, sagt sie.Hier ein Auszug aus dem Text "Die Greuel des Krieges", dessen Verfasser sie nicht kennt."Wir glauben, den Wilden weit überlegen zu sein / Wir sind die Wilden, die wahren Wilden / Die, welche sich schlagen, um zu töten / Bloß um zu töten / Die jungen Soldaten sind zum Tode bestimmt / Wie die Hammelherde, die ein Metzger über die Straßen treibt / Sie werden hinsinken, den Kopf oder die Brust von einer Kugel durchlöchert / Und doch sind es Jünglinge, die nützlich sein könnten / Ihre Väter und Mütter werden nach Monaten, vielleicht erst nach Jahren / Erfahren, dass ihr lieber Sohn von einer Granate zerrissen worden ist / Warum hat man ihr den wackeren Jungen gemordet / Ihre einzige Hoffnung, ihr Leben?"

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