Mit Stubbi und Sprudel gegen das Dorfsterben

Im Dorfgemeinschaftshaus fällt am Dienstag der Startschuss für einen Getränkemarkt. Betreiber ist zunächst die Gemeinde. Da auch in Berglicht die Zahl älterer Menschen zunimmt, will man it dem Angebot dieser Entwicklung Rechnung tragen.

 Gerhard Oberweis, Ortsbürgermeister der Gemeinde Berglicht, und Gemeindearbeiter Edmund Scheit stoßen auf den neuen Getränkemarkt an. Scheit wird die Kisten auf Wunsch auch liefern.

Gerhard Oberweis, Ortsbürgermeister der Gemeinde Berglicht, und Gemeindearbeiter Edmund Scheit stoßen auf den neuen Getränkemarkt an. Scheit wird die Kisten auf Wunsch auch liefern.

Foto: Klaus Kimmling

Berglicht. Im Dorfgemeinschaftszentrum Berglicht werden runde Geburtstage gefeiert. Die Orchestergemeinschaft Horath-Berglicht trifft sich dort zu Proben. Auch die Feuerwehr veranstaltet dort Übungsabende. Am kommenden Dienstag kommt eine weitere Nutzung hinzu: Im Vereinsraum werden 15 Stunden in der Woche Getränke verkauft. An Samstagen und Sonntagen gibt es zudem frische Brötchen und andere Backwaren auf Bestellung.

Federführend ist derzeit die Gemeinde, allerdings nur vorübergehend. Nach drei Monaten soll eine neue Struktur gefunden werden (siehe Extra). Doch zunächst will man herausfinden, ob der Bedarf tatsächlich vorhanden ist. Mit Blick auf ältere Einwohner ohne fahrbaren Untersatz liefert Gemeindearbeiter Edmund Scheit die Kisten auch an.

Die 500-Einwohner-Gemeinde will mit dem neuen Markt nicht ihre Kasse aufbessern. Im Rahmen des Dorfmoderationsprozesses waren die Einwohner danach befragt worden, was ihnen fehlt. Am häufigsten wurde ein Dorfladen genannt. Doch der war den Ratsmitgliedern nach Angaben von Bürgermeister Gerhard Oberweis "eine Nummer zu groß". Zumal einige Verkaufswagen den Ort anfahren. Doch bei Sprudel und Bier bestehe eine Versorgungslücke. Mit dem Vorhaben soll die Attraktivität des Ortes gesteigert und die Infrastruktur verbessert werden. Das ist vor allem mit Blick auf die demografische Entwicklung wichtig - auch in Berglicht sinken die Einwohnerzahlen. Die Investitionen halten sich in Grenzen. 10 000 Euro waren ursprünglich in den Haushalt eingestellt. Doch die Summe wird bei Weitem nicht gebraucht. Bislang wurde nur ein neuer Vorhang für 1400 Euro angeschafft. Zudem rechnet Oberweis mit 500 Euro Personalkosten.

Zwei Kunden sind dem neuen Markt bereits gewiss: Reinhold und Therese Oberweis, die Eltern des Bürgermeisters. Der 83-jährige Vater fährt zwar noch nach Thalfang einkaufen, aber der Transport von Kisten ist beschwerlich.

Eine Zufallsumfrage im Ort fällt positiv aus. "Wir brauchen vier Kisten pro Woche", sagt Rentner Adalbert Wagner, der in der Nähe des Dorfgemeinschaftshauses wohnt. Die will er künftig mit der Sackkarre holen. Auch Ralf Rauen freut sich über das neue Angebot, auch wenn möglicherweise die Produkte etwas teurer seien. Das ist aus seiner Sicht nicht der Fall. Denn: "Man muss auch das Benzin rechnen."

Meinung

Dorfbewohner entscheiden

Das Projekt in Berglicht ist ungewöhnlich, aber es hat Charme. In der Tat wäre ein Dorfladen im 500-Einwohner-Ort wohl überdimensioniert. Der Eifelort Klausen, wo ein solches Geschäft erfolgreich betrieben wird, hat immerhin 1400 Einwohner. In Berglicht haben die Verantwortlichen eine Versorgungslücke ausgemacht. Denn gerade ältere Menschen tun sich beim Kistenschleppen sicher schwer. Gerade diese Klientel muss man im Auge haben. Der Trend, dass die Menschen auf den Dörfern älter werden, macht auch vor Berglicht nicht halt. Dennoch ist die Dorfgröße nicht allein entscheidend. Das sagt Alois Meyer, Bürgermeister von Klausen. Wichtiger sei vielmehr, dass die Bevölkerung dahintersteht. Unabhängig von der Frage, ob privater Betreiber oder Verein, wird sich der Laden im Berglichter Gemeindehaus nämlich nur tragen, wenn möglichst viele Menschen das Angebot nutzen. Im Vergleich zu Klausen stellt sich allerdings ein Problem. Das dortige Geschäft ist zur Kommunikationszentrale geworden. Man trifft nicht nur zum Einkaufen, sondern auch zum Plauschen. Das allerdings soll sich nach Vorstellung von Bürgermeister Gerhard Oberweis in Grenzen halten. Schließlich soll die örtliche Gastronomie nicht unter dem neuen Vorhaben leiden. i.rosenschild@volksfreund.de Extra

Extra Konzept: Die Gemeinde Berglicht kann den Getränkemarkt beispielsweise nach dem Klausener Modell betreiben. Im 1400-Einwohner-Ort Klausen gibt es seit 2007 einen wirtschaftlichen Verein, der einen Dorfladen trägt. Allerdings sei es auch möglich, dass der Markt von einem Unternehmen oder einem Privatmann übernommen wird. Die Rechtsform als wirtschaftlicher Verein ist laut Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion (ADD) zu empfehlen. Die Vorstandsmitglieder müssen nicht für Verluste geradestehen. Eine Gemeinde darf ein wirtschaftliches Unternehmen nur errichten, wenn der öffentliche Zweck das Unternehmen rechtfertigt und ein privater Dritter das nicht ebenso gut machen kann. Das soll in Berglicht noch geprüft werden. (iro)

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