Mittendrin statt nur dabei

Spätestens ab dem heutigen Tag bis zum Aschermittwoch teilen sich die Menschen in dieser Region in zwei fast unversöhnliche Lager: Zum einen die Jecken, die sich für die nächsten Tage so richtig ins Karnevalsgetümmel stürzen, und eben die Karnevalsmuffel, zu denen auch ein Teil meiner Kollegen gehört.

Ich selbst habe mich bis vor einigen Jahren auf jeden Fall zu den Karnevalsmuffeln gezählt. Aufgewachsen im Ruhrgebiet, das zwar geografisch nah am Rheinland, humoristisch aber unter Umständen Lichtjahre entfernt ist, ist mir der närrische Frohsinn nicht gerade in die Wiege gelegt worden. Karneval, ein Graus für mich: organisierter Frohsinn, Lachen auf Kommando, tätäh, tätah… Kaum ein Vorurteil gegen die Fastnacht und deren Anhänger, das ich nicht bedenkenlos unterschrieben hätte.Als man mich vor vielen Jahren das erste Mal aufforderte, eine der Wittlicher Kappensitzungen zu besuchen, habe ich mich vehement gewehrt, bloß nicht! Nicht für 100 Mark dabei! Irgendwann bin ich dann doch zur Wittlicher Narrenzunft gegangen und war erstaunt: Ich hatte richtig Spaß! Die folgenden Jahre habe ich kaum eine Sitzung verpasst, ob beruflich oder privat, ich wollte dabei sein. Mittlerweile bin ich fast vollständig ins Lager der Jecken gewechselt. Ein paar Einschränkungen gibt es zwar immer noch: Karnevalsprinzen mit weißen Strumpfhosen finde ich nach wie vor gewöhnungsbedürftig, und das kollektive Schunkeln ist mir noch nicht so ganz in Fleisch und Blut übergegangen. Aber sonst bin ich in diesem Jahr dabei und mitten im Geschehen, ob tanzend auf der Bühne bei der Kappensitzung, bonbonwerfend beim Fastnachtszug hoch auf dem Wagen oder heute bei der Erstürmung des alten Rathauses. Mittendrin statt nur dabei, so wird auch aus einem Fastnachtsmuffel noch ein Jeck!

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