Energiepolitik Morbach verfehlt eigene Energieziele

Morbach · Leitbild 2020: In Einheitsgemeinde wird 2020 das Siebenfache an Strom produziert, den Haushalte, Geschäfte und Landwirtschaft verbrauchen. Der Bedarf der Industrie kann vor Ort nicht gedeckt werden.

 Foto: Archiv/Klaus Kimmling

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Was ist aus dem Leitbild 2020 geworden, das der Morbacher Gemeinderat 2008 beschlossen hatte? Kurz vor dem Start des neuen Jahres, zu dem die Ziele damals definiert wurden, hat die Morbacher Gemeinderatsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen im Gemeinderat eine Anfrage an Bürgermeister Andreas Hackethal gestellt, um zu erfahren, ob die Ziele erreicht worden sind.

Die Ziele waren ambitioniert. Die Gemeinde Morbach strebte 2008 mit ihrem Beschluss an, bis zum Jahr 2020 auf der Basis erneuerbarer Energien energieautark zu werden und den Ausstoß von Kohlendioxid um mindestens 50 Prozent zu senken.

Teilziele seien erreicht worden, sagt Hackethal. „Insgesamt werden in der Gemeinde Morbach jährlich etwa 128 bis 140 Millionen Kilowattstunden Strom aus erneuerbaren Energien erzeugt“, sagt er. Die Windkraftanlagen in der Energielandschaft und auf dem Ranzenkopf erzeugen jährlich etwa 110 bis 120 Millionen Kilowattstunden Strom, die Photovoltaikanlagen in der Gemeinde bis zu zwölf Millionen. Die drei Biogasanlagen liefern etwa sieben Millionen Kilowattstunden Strom, außerdem acht Millionen Kilowattstunden Wärme. „Dies ergibt eine CO2-Einsparung von etwa 75 000 bis 80 000 Tonnen pro Jahr gegenüber fossil erzeugtem Strom“, sagt der Bürgermeister.

Dem steht folgender Verbrauch gegenüber: Die Privathaushalte in der Einheitsgemeinde benötigen rund 14,5 Millionen Kilowattstunden Strom, das Kleingewerbe 4,6 Millionen und die Landwirtschaft eine Million. „Damit wird in Morbach 2020 das Siebenfache an Strom produziert, den Haushalte, Geschäfte und Landwirtschaft verbrauchen“, lautet das Fazit. Doch um alles abzudecken, dafür reicht es nicht. Denn die ansässige Industrie und das Großgewerbe benötigen 275,5 Millionen Kilowattstunden Strom. An energetischen Maßnahmen, die in den vergangenen zwölf Jahren umgesetzt wurden, führt der Bürgermeister zahlreiche Einzelprojekte auf, darunter zehn Pelletsheizanlagen, die in öffentlichen Gebäuden eingebaut worden sind. Ein kleines mit Pellets beheiztes Nahwärmenetz an der Grundschule Morbach versorgt mehrere Gebäude, genauso wie ein Nahwärmenetz in Hundheim, das mit Wärme aus der Biogasanlage gespeist wird. Ein großes Nahwärmenetz mit einer Gesamtlänge von 9,7 Kilometern für den Ortsbezirk Morbach hatte der Gemeinderat 2011 abgelehnt. Ein zweites, mit dem die Abwärme vom Unternehmen Servicebund-Mettler zum Heizen der Baldenauhalle, des Seniorenheims und des Schwimmbades genutzt werden sollte, habe sich wegen der geringen Abwärme-Temperaturen als nicht umsetzbar erwiesen, sagt Hackethal. Die Straßenbeleuchtung ist bisher zu 20 Prozent auf LED-Technik umgestellt worden, genauso wie Leuchtmittel in mehreren öffentlichen Gebäuden.

Uwe Andretta von Bündnis 90/Die Grünen zeigt sich zufrieden mit den erreichten Ergebnissen. „Wind und Biogas ist ausgereizt, jetzt gilt es, Photovoltaik weiter auszubauen“, sagt er. Es sei beeindruckend, wie viele Pelletsanlagen in öffentlichen Gebäuden eingerichtet worden seien. „Die Zeit der fossilen Energieerzeugung zur Wärmeversorgung ist vorbei“, sagt er. Es sei schade, dass 2008 keine Bilanz erstellt wurde, so dass es keine Vergleichswerte gebe. „Es ist wichtig, diese jetzt zu ermitteln und dann 2030 nochmal zu vergleichen.“ Andretta schlägt vor, ein neues Leitbild zu erstellen, an dem sich die Gemeinde ausrichten könne und in dem auch das Thema Mobilität berücksichtigt würde. Das Radwegekonzept der Gemeinde sei nur ein erster kleiner Schritt zur Verbesserung, eine öffentliche Ladestelle für elektrisch betriebene Autos sei zu wenig. Dazu regt er mehr Umweltbildung für Erwachsene an.

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