Morbacher heben den Finger für neuen Weg
Morbach · 60 Bewerbungen liegen auf dem Tisch von Stephan Philippi. Er leitet die Integrierte Gesamtschule in Morbach und freut sich über die Post. Denn neuerdings darf er die Lehrer selber aussuchen, die an der IGS unterrichten. Diese nimmt an einem Modellversuch des Landes teil, der Schulen mehr Verantwortung einräumt. Der Rektor hofft, dass der neue Weg den Unterricht verbessert.
Morbach. Die Morbacher Integrierte Gesamtschule (IGS) geht einen neuen Weg. Sie ist eine von sieben Schulen, die vom Land ausgewählt worden sind, um ihnen mehr Selbstverantwortung einzuräumen, sagt Wolf-Jürgen Karle vom Bildungsministerium in Mainz.
Dabei sollen bis 2017 an Realschulen, Gesamtschulen und Gymnasien Erfahrungen gesammelt werden, wie sich eine Budgetverantwortung und die Beteiligung der Schule an der Personalauswahl auswirken.
Bei den Sichtweisen, was das Modell bringt, haben Land und Beteiligte unterschiedliche Meinungen. Die Vertreter aus Mainz geben an, dass die beteiligten Bildungseinrichtungen zwei von vier Themen auswählen, die sie weiterentwickeln und überprüfen lassen wollen. Das sind die Unterrichtsentwicklung, die individuelle Förderung der Schüler, deren Leistungsfeststellung sowie die Stärkung demokratischer Beteiligungsmöglichkeiten. Dass Schulen nun ihre Lehrer selbst auswählen können sei zwar ein wichtiger Aspekt des Modellversuchs, aber eine Verkürzung darauf würde diesem nicht gerecht, sagt Karle. Das sieht Stephan Philippi anders. Er ist Schulleiter der Morbacher IGS. Gerade die Möglichkeit, die Lehrkräfte selbst auszusuchen und einzustellen, sei der primäre Grund für die IGS, am Konzept des Landes teilzunehmen. Bisher hat Philippi seinen Bedarf an Lehrkräften bei der Aufsichts- und Dienstleistungsbehörde (ADD) in Trier gemeldet. Diese haben ihm in dem sogenannten Listenverfahren eine Lehrkraft in der benötigten Fächerkombination zugewiesen, abhängig von der Note im Staatsexamen.
Jetzt gilt das sogenannte schulscharfe Verfahren: Philippi kann Stellen selbst ausschreiben und unter Beteiligung des Schulelternbeirats, des Personalrats und der Frauenbeauftragten den geeignetsten Bewerber aussuchen. Und einstellen. "Dann zählen nicht nur die Kriterien wie der Abschluss, sondern auch, ob der neue Kollege mit seinen persönlichen Eigenschaften zu uns passt und die gleichen Schwerpunkte wie Inklusion und Integration vertritt", sagt Philippi. Gerade jetzt, wenn die Oberstufe installiert wird und in den kommenden drei Jahren 20 neue Kollegen eingestellt werden, sei es sinnvoll, diese selbst auszusuchen.
Die benötigte Zeit für die Lehrerauswahl und die erforderliche Mehrarbeit investiert der Schulleiter gerne. Er verspricht sich durch die persönliche Lehrerauswahl eine Qualitätssteigerung des Unterrichts. Auch bei plötzlichem Ausscheiden eines Lehrers, beispielsweise wegen Krankheit, könne er jetzt schneller reagieren und jemand neues einstellen. "Der Aufwand bei Vertretungen entfällt", sagt er.
Vor 14 Tagen hat die IGS Stellenanzeigen für sechs zusätzliche Planstellen im Trierischen Volksfreund und im Internet platziert. Bis jetzt sind 60 Bewerbungen eingegangen, unter anderem auch aus Hamburg, Nordrhein-Westfalen, Bayern und Hessen. "An die wären wir sonst nie gekommen", sagt Philippi. Die von Ministeriumssprecher Karle genannten vier Themen zur Auswahl spielten bei der Teilnahme am Modellversuch weniger eine Rolle. Philippi: "Die genannten Themen des Ministeriums wie Inklusion oder Lernentwicklungsberichte mögen für andere Schulen ein Novum sein, für uns nicht."Extra
Folgende Schulen nehmen an dem Modellversuch "Mehr Selbstverantwortung an rheinland-pfälzischen Schulen" teil: Realschule Cochem, Realschule Herxheim, Gymnasium Herxheim, Geschwister-Scholl-Gymnasium Ludwigshafen, IGS Morbach, Gymnasium Saarburg, Realschule mit Fachoberschule Sohren/Büchenbeuren. cst
