Mosel-Ballermann-Debatte: Das ist der Wut-Brief des Landrats an die FAZ

Wittlich · Moselaner werden als Moselochsen tituliert, die Touristenstadt Cochem als Mosel-Ballermann: Gregor Eibes, Landrat des Kreises Bernkastel-Wittlich, hat seinen Ärger über einen Zeitungsartikel in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung in einem Brief formuliert. Darin fordert Eibes, vom Kreistag darin bestärkt, eine Entschuldigung des Journalisten wegen der „Beleidigung der hier lebenden Menschen“. Volksfreund.de dokumentiert den Wut-Brief des Landrats an die FAZ.

 Auf der Suche nach Fachwerk-Idyll und Tourismuskitsch in Bernkastel-Kues.

Auf der Suche nach Fachwerk-Idyll und Tourismuskitsch in Bernkastel-Kues.

Foto: Hans-Peter Linz

Der Bernkastel-Wittlicher Landrat Gregor Eibes hat am 28. August 2013 den nachfolgend dokumentierten Brief an die Frankfurter Allgemeine Zeitung geschickt. Eibes ist wütend , weil er die Moselaner durch einen kritischen Artikel in der Zeitung verunglimpft sieht , ebenso die Bemühungen der Region, touristisch attraktiv zu bleiben. Den Brief hat Landrat Eibes zugleich als Aufsichtsratsvorsitzender der Mosellandtouristik GmbH und als Vorsitzender der Regionalinitiative Mosel unterzeichnet. volksfreund.de veröffentlicht hier das mit Briefkopf des Landrats an die Herausgeber der FAZ gesendete Schreiben in voller Länge:Dokumentation des Briefes von Landrat Gregor Eibes an die FAZ


"Ausgabe der Frankfurter Allgemeinen Zeitung vom 22. August 2013

Artikel "Der Schönheit wohnt der Schrecken inne"


Sehr geehrte Damen und Herren,

mit zunächst großem Erstaunen, dann Unverständnis und schließlich mit steigender Verärgerung habe ich den Artikel Ihres Redakteurs Jakob Strobel y Serra "Der Schönheit wohnt der Schrecken inne" am 22. August 2013 in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung gelesen.

Die Tourismusregion Mosel ist mit über 2 Mio. Gästen und über 6 Mio. Übernachtungen eine der stärksten Urlaubsregionen Deutschlands und wird in einer aktuellen Marktforschungsstudie der Tourismus-Fachhochschule Westküste als eine der Regionen in Deutschland mit den höchsten Marktpotenzialen für den Weintourismus bestätigt. Sie steht im Ranking der "kulinarischen Reiseziele" der Deutschen unter 140 Destinationen auf Platz 5.

Alle Kommunen entlang der Mosel arbeiten bereits seit mehr als zwanzig Jahren geschlossen und auf der Grundlage einer gemeinsamen Tourismusstrategie in der Mosellandtouristik GmbH zusammen, finanzieren jährlich - auch unter dem Druck steigender Sparzwänge - gemeinsame Marketingmaßnahmen und Infrastrukturprojekte, da Tourismus und Weinbau die existenziell wichtigsten Wirtschaftszweige unserer Region sind. Die Tourismusintensität und Wertschöpfungsrate liegen auf einem überdurchschnittlich hohen Niveau und bestätigen die große Bedeutung des Tourismus als wirtschaftliche Grundlage der Region und ihrer Menschen.

Wir wissen sehr wohl, dass eine hohe Angebotsqualität die wichtigste Grundlage für eine erfolgreiche und zukunftsorientierte Weiterentwicklung unseres regionalen Tourismus ist. Und wir kennen auch die Schwächen und Verbesserungspotenziale sehr genau. Gerade deshalb werden in der "Regionalinitiative Mosel" - einem Zusammenschluss aller Kommunen, Kammern und Wirtschaftspartner der Region - mit viel Engagement Qualitätsinitiativen auf dem Weg gebracht und touristische "Qualitätsratgeber" unter der Dachmarke "Mosel" qualifiziert und zertifiziert. Im Rahmen dieser Initiative und weit darüber hinaus tätigen Unternehmer zukunftsorientierte Investitionen in ihre Betriebe sowie ihre Servicequalität und gehen unternehmerische Risiken ein. Winzer kämpfen für den Erhalt der Weinkulturlandschaft Mosel und schaffen vom "Besten Schoppenwein" bis zum prämierten Spitzenwein unverwechselbare Produkte. Hotel- und Gastronomiebetriebe nehmen Geld in die Hand und investieren, um trotz oder wegen schwierigster Rahmenbedingungen und Finanzkrise den steigenden Marktansprüchen mit "Modernität" und "Generationenwechsel" begegnen zu können. Sie kämpfen dabei mit einem enormen Fachkräftemangel und stehen unter hohem Wettbewerbsdruck.

Diese Unternehmer und Betriebe bieten ein reiches und qualitätsvolles touristisches Angebot, zugeschnitten auf ganz unterschiedliche Zielgruppen und Nachfragebereiche, welches genau in dieser Vielfalt und Bandbreite in Ihrem Artikel nicht nur unbeachtet bleibt, sondern mit Füßen getreten und beschädigt wird.

Mit schlecht recherchierten Inhalten, mit polarisierender Darstellung und mit einem überzogen sarkastischen Schreibstil wird eine ganze Tourismusregion verunglimpft und beschimpft. Selbst vor einer Beleidigung der hier lebenden Menschen und ihrer Urlaubsgäste wird nicht zurückgeschreckt.

Bei allen Zugeständnissen an die journalistische "Pressefreiheit" und mit durchaus vorhandenem Problembewusstsein und Kritikfähigkeit sollte diese Kritik jedoch immer sachlich und ausgewogen sein. Dass Ihr Redakteur den "Finger in die wunden Punkte" legt und dabei auf die Stilmittel der Überzeichnung und Ironie zurückgreift, möchten wir ihm nicht absprechen. Sarkasmus und Ironie sollten aber auch oder gerade in einer Zeitung vom Format der Frankfurter Allgemeinen Zeitung ihre Grenzen haben und nicht schädigen.

Dass die seit über 20 Jahren erfolgreich arbeitende Regionalagentur Mosellandtouristik durch die Nennung ihrer "Unterstützung" im Abspann des Artikels mit in die Verantwortung für den beschädigenden Inhalt gezogen wird, also geradezu für die - so unterstelle ich einmal - beabsichtigenden "Provozierungen" missbraucht wird, hat unser Vertrauen in die Zusammenarbeit mit den Medien grundsätzlich erschüttert. Die Reputation der PR-Arbeit der Mosellandtouristik, die in der Verantwortung gegenüber ihren Gesellschaftern und den touristischen Leistungsträgern steht, ist beschädigt. Sie haben hier "verbrannte Erde" hinterlassen. Vor diesem Hintergrund schadet dieser Artikel auch in hohem Maße der für beide Seiten wichtigen, bisher aus unserer Sicht immer kooperativen Zusammenarbeit zwischen Tourismus-PR-Stellen und Journalisten, und somit nicht zuletzt dem gesamten Berufsstand der Reisejournalisten.

Abschließend bleibt nur noch festzustellen, dass der Ärger über eine derart unprofessionelle Recherchearbeit und Berichterstattung nur noch übertroffen wird von meinem Unverständnis über den beleidigenden und entwürdigenden Schreibstil - und dies in einem Artikel der renommierten Frankfurter Allgemeinen Zeitung.

Bleiben Sie tatsächlich dabei, die Menschen an der Mosel als "Ochsen" zu nennen? Menschen, die auch Leser Ihres Blattes und Kunden Ihres Verlags sind? Falls ja, lassen Sie uns Moselaner dies wissen. Falls nein, erwarten wir eine öffentlich wirksame Entschuldigung."

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