Mosel-Nippes findet weniger Käufer

Bernkastel-Kues · Die Liebe zum Urlaubsort muss durch den Magen gehen: Während Wein, Gelee & Co. sich bei Touristen gut verkaufen, haben die bunten Mitbringsel ausgedient, sagen viele Geschäftsleute.

Bernkastel-Kues. Der Bär liebt Bernkastel. So steht\'s zumindest auf seinem T-Shirt. Das Regal teilt er sich mit dem Porzellanteller samt Goldrand und Abbild des Moselverlaufs. Denn wer weiß, ob der Bär Ahnung von Erdkunde hat. Wenn\'s Glöckchen klingelt, wackelt die Burg Landshut in Miniatur mit, neben dem Rosenkranz hängt die Kuckucksuhr, und die Plastik-Weintrauben gibt\'s für einen Euro obendrauf.
Ja, dort, wo viele Touristen flanieren, sind auch die Schaufenster voller Souvenirs nicht weit. Opa und Oma, Enkel und Kaffeekränzchen-Kumpanen daheim wollen schließlich mit Urlaubspräsenten versorgt werden. Oder?
In Bernkastel-Kues finden sich nur noch wenige klassische Souvenir-Läden. Statt Mosel-T-Shirts und Riesenkugelschreibern gehen vielmehr Wein, Liköre, Weingelee und anderes Moseltypisches über den Ladentisch. Vom Kühler bis zum Korkenzieher: "Alles rund um den Wein geht gut", sagt Karin Luxemburger vom Geschenkeladen Weingalerie Petrushof in der Burgstraße. Grundsätzlich kauften die Leute heute bewusster ein: "Sachen, die man nicht ewig behält".
"Nippes? Das war einmal", befindet eine Geschäftsfrau, die seit fast 40 Jahren einen Laden in Bernkastel betreibt, aber nicht namentlich genannt werden will. Grundsätzlich werde immer weniger Geld ausgegeben, vor allem von Skandinaviern und Niederländern. "Ein Gläschen Senf kaufen sie vielleicht noch."
Regionale Wertschöpfung


Sabine Winkhaus-Robert, Geschäftsführerin der Mosellandtouristik, sieht in den Andenken wiederum erhebliches Potenzial für regionale Wertschöpfung - wenn es denn hochwertige Produkte und Erzeugnisse von der Mosel sind. Mit den Logos und Slogans würde die Region weit über ihre Grenzen hinaus beworben. Auch Winkhaus-Robert sagt: "Die Gäste erwarten Qualität", also weder Kitsch-Läden noch -Produkte. Darüber, wie viel die Urlauber im Schnitt für Andenken ausgeben, gibt es allerdings keine Erhebungen, weil sich diese Produktkategorie kaum von Geschenkartikeln oder Kunsthandwerk abgrenzen lässt.
In der Tourist-Info greifen die Touristen bei Jutebeuteln, Gläsern und Magnetpins am liebsten zu. Klein müssen die Mitbringsel sein - oder eben praktisch. Fingerhüte mit Bernkastel-Motiv sind wegen des leichten Transports besonders bei Radfahrern beliebt, berichtet Gundel Förster, die am Markt Reise-Andenken verkauft. Auch Sammelteller seien noch immer gefragt, und die Bierkrüge kommen vor allem bei Amerikanern gut an.
Die haben sowieso ihren eigenen Geschmack. Tassen und T-Shirts mit Abbildern des Flussverlaufs mögen vor allem sie gerne: Koblenz auf der Brust und Trier auf dem Bauchnabel. Das Geschäft Souvenirs Delux lässt sogar extra kleine Schutzengel aus Holz herstellen: "In Bernkastel-Kues hab ich an dich gedacht und dir dies Englein mitgebracht." Wer weiß, vielleicht will es ja mit dem Bär mit Herz für Bernkastel verreisen.

Meinung

Wichtig fürs Image einer Stadt
Ich gestehe: Auch ich komme im Urlaub nicht an Souvenirläden vorbei. Der Salzstreuer erinnert mich an Mallorca, das Gewürzdöschen an Italien. Aber klar ist auch, dass Souvenirläden ein Stadtbild verschandeln können, wenn es zu viele von ihnen mit grellbuntem Angebot gibt. Diese Gefahr ist derzeit größer, weil die Interessenten für freiwerdende Ladenräume nicht gerade Schlange stehen. Bernkastel-Kues gelingt glücklicherweise der Spagat. Nippes gibt\'s hier zwar auch, aber die Mehrzahl der Läden legt den Fokus auf Wein, Spirituosen, andere Spezialitäten und Weinzubehör. Das ist für das Image einer Stadt nicht zu unterschätzen. u.quickert@volksfreund.deExtra

Ein Andenken fürs Leben ist Wein zwar nicht, wohl aber eines der beliebtesten Mitbringsel aus dem Mosel-Urlaub. Viele Gäste kommen schließlich deshalb hierher, weiß Ansgar Schmitz vom Moselwein e.V. Die Zahl der Vinotheken steige stetig, zudem wird auf dem Schiff oder bei den Winzern selbst eingekauft. 45 Prozent der Moselweine gehen im Direktverkauf über die Theke, schätzt Schmitz. Vor allem die Belgier würden große Mengen einkaufen, die Niederländer seien eher sparsam. Schmitz geht insgesamt von mehreren Millionen Flaschen Wein als Mitbringsel aus. "Während deutsche Weinkunden in den 1960er/70er/80er Jahren oft nur bei einem Weingut eingekauft und dort quasi ihren Jahresbedarf gedeckt haben, kaufen die Kunden heute eher weniger Flaschen, dafür oft bei mehreren verschiedenen Weingütern", berichtet Schmitz. Zudem lässt sich heute schnell Nachschub übers Internet besorgen. uq

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