Mülheim will den Gürtel enger schnallen

Die Finanzen der Gemeinde bereiten dem Mülheimer Rat Sorgen. Allerdings kann die Gemeinde das für 2010 erwartete Defizit von mehr als einer halben Million Euro kaum beeinflussen.

 Die Erneuerung der eingestürzten Brücke im Zentrum von Mülheim hat den Zeit- und den Investitionsplan auf den Kopf gestellt. Daher gönnt die Gemeinde den Bürgern und den eigenen Finanzen in diesem Jahr eine Verschnaufpause. TV-Foto: Ursula Schmieder

Die Erneuerung der eingestürzten Brücke im Zentrum von Mülheim hat den Zeit- und den Investitionsplan auf den Kopf gestellt. Daher gönnt die Gemeinde den Bürgern und den eigenen Finanzen in diesem Jahr eine Verschnaufpause. TV-Foto: Ursula Schmieder

Mülheim. Einstimmig, aber mit betroffenen Mienen, hat der Gemeinderat Mülheim den Haushaltsplan 2010 verabschiedet. Sorgen bereitet vor allem das hohe Defizit von 550 000 Euro, das sich aus 1,66 Millionen Euro Erträgen und 2,2 Millionen Euro Aufwendungen ergibt. 2009 gab es bei den Pflichtaufgaben noch ein Plus von 242 000 Euro. Die massive Verschlechterung um 792 000 Euro ist aber nicht etwa auf schlechtes Wirtschaften zurückzuführen. So stecken darin allein 337 000 Euro für die Wertminderungen von Gemeindevermögen (Abschreibungen). Die Bildung dieser vorsorglichen Beträge schreibt die "Doppik" vor, das den Verwaltungen aufgestülpte neue Buchführungssystem. Hinzu kommen an Kreis und Verbandsgemeinde abzuführende höhere Umlagen von 561 800 Euro.

Der Rat sieht das Minus aber dennoch als Bedrohung. "Die Zahlen sind erschreckend", sagte Ratsmitglied Jürgen Süs und forderte für künftige Beschlüsse mehr Sorgfalt ein. Allerdings sei die Gemeinde gar nicht beeinflussbaren Zwängen ausgesetzt. "Die Finanzen sind in schwieriges Fahrwasser geraten", mahnte Dirk Richter, die geschätzte "finanzielle Unabhängigkeit" zu erhalten. In den vergangenen Jahren sei vieles realisiert worden, was aber auch Folgekosten verursache.

Bedenken wegen Investitionen wie etwa in die Grundschule hält Bürgermeister Ulf Hangert aber angesichts des völlig unstrittigen Schulstandortes für fehl am Platz. Unter die Lupe genommen werden jedoch geplante Investitionen wie 35 000 Euro für Verbesserungen in der Festhalle oder 41 400 Euro für den Grafschafter Kulturweg. Vorerst hält der Rat daran aber ebenso fest wie an den 61 500 Euro Zuschuss für die Kindergarten-Erweiterung oder an den Investitionen in den Straßenbau, der in diesem Jahr pausieren wird. Die Erneuerung einer Bachbrücke im Ortszentrum hat den Zeitplan durcheinandergebracht. Außerdem sind 2010 noch rund 325 000 Euro für Haupt- und Kreisstraßenausbau, Brücke und Gehwege zu schultern. An einem Zwischenkredit von rund 312 000 Euro wird wohl kein Weg vorbeiführen. Aktuell belaufen sich die langfristigen Schulden Mülheims auf 54 000 Euro - pro Mülheimer sind das niedrige 54 Euro.

Ein grundsätzliches Problem ist für Ortsbürgermeister Horst Faust, dass der Gemeinde von ihrer Gewerbesteuer nur wenig bleibt - 2009 keine sieben Prozent mehr. Bürgermeister Ulf Hangert verweist dazu auf das Kommunalfinanzierungssystem, das einer grundlegenden Änderung bedürfe, wie es Kommunen landesweit fordern. Außerdem seien die von Bund und Land formulierten Standards nicht mehr bezahlbar.

Eingangs der Gemeinderatsitzung hatte Faust zudem die im Zuge der Doppik-Einführung erstmals erstellte Eröffnungsbilanz kritisiert. Diese sollte mehr vorsorgliche Rückstellungen enthalten wie etwa für im Zuge von Gewerbesteuer-Mehreinnahmen zu erwartende höhere Belastungen. Außerdem sei es problematisch, Vermögen der Gemeinde hoch zu bewerten, da dafür auch hohe Wertminderungen zu buchen seien.

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