Musik zum Hinhören

Das Clavichord ist eigentlich ein Instrument für den Hausgebrauch, das man auch zu nachtschlafender Zeit spielen kann, ohne jemanden zu stören. Beim "Axis Duo" stand es ganz im Mittelpunkt eines Konzertes, bei dem das Publikum nicht nur musikalische, sondern auch akustische Besonderheiten erleben konnte.

 Ein „Konzert der Leisigkeit“ gestalteten die Cembalistin Beata Seemann am Clavichord und der Flötist Klaus Holsten im Kloster Springiersbach. TV-Foto: Gerhard W. Kluth

Ein „Konzert der Leisigkeit“ gestalteten die Cembalistin Beata Seemann am Clavichord und der Flötist Klaus Holsten im Kloster Springiersbach. TV-Foto: Gerhard W. Kluth

Springiersbach. (gkl) "Ab und zu braucht man einmal ein Exotenkonzert`, eine Veranstaltung, die vom Üblichen abweicht. Darum haben wir in diesem Jahr das ,Axis Duo' eingeladen." Dies sagte Gerhard Vockensperger, Leiter und Organisator des Musikkreises Springiersbach, nach dem Konzert "Räume um Mozart". Solche Exotenkonzerte bergen immer die Gefahr, dass der Zuspruch gering ausfällt, das Publikum ausbleibt. Hier brauchte Vockensperger sich keine Gedanken zu machen. Gut gefüllt waren die Sitzreihen, und es herrschte aufmerksame Stille. Stille war auch notwendig, denn Beata Seemann und Klaus Holsten musizierten in erster Linie auf Instrumenten, die so manches zu bieten haben, nur kräftig sind sie nicht. Konzertcembalistin Seemann war mit einem Clavichord nach Springiersbach gekommen, Holsten, langjähriger Soloflötist an der Münchener Staatsoper, hatte eine Traversflöte im Gepäck.Das Clavichord ist ein altes Tasteninstrument, bei dem die Saiten nicht, wie etwa beim Cembalo, angerissen, sondern über ein Metallplättchen angeschlagen werden. Das, was dieses Instrument als Forte ermöglicht, ist leiser als das, was die meisten anderen Instrumente als Piano herzugeben bereit sind. Es ist so leise, dass Holsten auf eine speziell angefertigte, leisere Flöte zurückgreifen musste. Das Publikum konnte hierbei verschiedene Erfahrungen machen. Die vielleicht wichtigste: In unserer lauten Welt gibt es noch Musik, bei der man sehr genau hinhören muss. Holsten selbst bezeichnete die Veranstaltung als "ein Konzert der Leisigkeit".Waren die Instrumente schon etwas Außergewöhnliches, so passte auch die Programmgestaltung nicht in die üblichen Schubladen. Kern des Konzertes war die Sonate G-Dur, KV 379, von Wolfgang Amadeus Mozart, im Original für Violine und Klavier verfasst. Ihr vorangestellt hatte das "Axis Duo" ein Solfeggio (KV 393) quasi als Präludium und als Finale das Adagio h-Moll, KV 540. Dazwischen improvisierte das Duo mit Klangschalen, Gusli, Sansula oder auch mit Clavichord und Flöte. Die Folge: Eine einstündige Nonstop-Darbietung, in der die Improvisationen die einzelnen Sätze von Mozart verbanden. Man hatte in der Tat das Gefühl, sich in einem großen Haus zu befinden, durch dessen Räume man geführt wurde. Solch ein Experiment kann, gerade weil die Konzentration der Zuhörer aufs Äußerste gefordert ist, nur glücken, wenn die Ausführenden Meister ihres Faches sind. Dies muss man Seemann und Holsten vorbehaltlos attestieren. Äußerst geschickt setzten sie die changierenden Klangmöglichkeiten ihrer Instrumente ein. Eine interessante Erfahrung für die Zuhörer war, wie schnell sich das Ohr auf die leisen Klänge einstellen kann, wie schnell es in der Lage ist, feinste Nuancen wahrzunehmen. Es war der lange, kräftige Applaus, der das Publikum wieder in die akustisch "normale" Welt zurückholte.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort