Musikalische Mondscheinromantik aus dem 20. Jahrhundert

WEHLEN. (ger) "Junges Leipzig" - als Leckerbissen deutscher Kammermusik war dieses Konzert im Kloster Machern im Rahmen der Moselfestwochen angekündigt. Und die Vorschusslorbeeren waren berechtigt: Der Auftritt des Kammerorchesters der Musikhochschulen Leipzig und Dresden bot den Zuhörern anspruchsvollen Genuss.

Festlich gekleidete Menschen fanden sich am Samstagabend im Barocksaal des Klosters Machern/Mosel ein, um 20 jungen Musikerinnen und Musikern zu lauschen. Wolfgang Lichter, der Vorsitzende des Vereins der Freunde und Förderer der Moselfestwochen, begrüßte das "Kammerorchester aus Studenten der Musikhochschulen Leipzig und Dresden".Und schon konnten sich die Interpreten über einen kräftigen Eröffnungsapplaus freuen. Der fiel nach dem ersten Werk zwar immer noch kräftig aus, aber keineswegs überzeugend. Denn Bachs weltbekanntes Brandenburgisches Konzert Nr. 3 in G-Dur wurde zwar homogen und fehlerfrei vorgetragen. Aber es fehlte das Temperamentvolle, das Betonte. Allegro ohne "Schmiss", um es trivial auszudrücken.Kleiner Bühnenumbau, dann eine gänzlich andere Komposition. Leichte Nervosität beim Einstimmen. Aber die spiegelte sich absolut nicht wider bei der dann folgenden professionell interpretierten Serenade für Tenor, Horn und Streicher des englischen Komponisten Benjamin Britten (1913-1976). Nach dem Prolog durch ein Naturhorn entwickelte sich ein lebendiges Werk, in dem Singstimme und Horn im Wechsel reizvolle Echowirkungen erzeugten. Der Gesang durch den lyrischen Tenor Marcus Ullmann übertrug sich auf die Zuhörer. Ullmann zelebrierte die Texte in altenglischer Originalfassung mit unerhörter Leichtigkeit. Er schien mit dem Publikum zu kommunizieren, dazu passend das Doppelhorn in F/B, ausdrucksstark geblasen von Joaquim Palet.Schwieriges Werk traumhaft sicher vorgetragen

Das gefühlvolle Dirigat von Ines Schneider sorgte dafür, dass Orchester und Solisten im Zusammenspiel bestens agieren konnten; homogen, dennoch dynamisch und betont. Die Zuhörer versanken in absolute Stille und genossen das Werk. Paare rückten aneinander, reichten sich die Hände. Träumerisch sicher vollendeten die jungen Leipziger und Dresdner das schwierige Werk. Langanhaltender, diesmal überzeugter Applaus war der Dank des Publikums. Träumerisch ging es weiter zum dritten und letzten Titel: Arnold Schönbergs "Verklärte Nacht" in der Fassung für Streichorchester. Von Nervosität war jetzt überhaupt nichts mehr zu spüren. Das schwierige Werk mit seinen schnellen Sequenzen sowie gelegentlich abrupten Tempiwechseln war ebenfalls von der Leichtigkeit der Interpretation durchzogen. Der Abend endete gefühlvoll, auch ohne die durch minutenlangen Applaus verlangte Zugabe. Schönbergs Werk lasse eine solche nicht zu, so die Dirigentin später. Denn menschliche Empfindungen wurden in der fünfteiligen Komposition freigesetzt: Naturstimmung der Mondnacht und der Gang der Liebenden, dazwischen das Bekenntnis der Frau und die tröstende Antwort des Mannes. Mondscheinromantik aus dem 20. Jahrhundert? Wenn, dann musikalisch ungewohnter als die Werke der Romantiker, aber gleichermaßen beruhigend und bestens passend zum tatsächlich mondhell erleuchteten nahen Moselufer beim Kloster Machern.Fazit: Die Zuhörer im Kloster Machern erlebten ein Konzert mit ungewohnten Melodienfolgen, nicht weil selten gehört, sondern weil anspruchsvoll abweichend von den bekannten klassischen Konzertwerken. Benjamin Britten und Arnold Schönberg haben mit ihren Kompositionen aus dem 20. Jahrhundert die Seele berührt.

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