Nach Rodungsarbeiten am Ranzenkopf: Umweltschutzbund Nabu attackiert Landkreis

Gornhausen/Hunolstein/Wittlich · Nachdem im umstrittenen Ranzenkopfgebiet noch kurz vor Jahresende weitere Waldflächen gerodet wurden, kritisiert der Naturschutzbund das Vorgehen der Kreisverwaltung. Es habe keine ausreichende Zusammenarbeit gegeben. Außerdem will der Nabu weiterhin prozessieren - auch wenn der Windpark schon steht. Die Kreisverwaltung widerspricht und verweist darauf, dass das Verfahren ordnungsgemäß bearbeitet wurde.

 Nach dem Rodungsstopp müssen die gefällten Bäume liegenbleiben. Foto: privat

Nach dem Rodungsstopp müssen die gefällten Bäume liegenbleiben. Foto: privat

Gornhausen/Hunolstein/Wittlich. Nach der Baumrodungsaktion am Ranzenkopf fühlt sich Dr. Andreas Kiefer vom Naturschutzbund Deutschland vor den Kopf gestoßen. "Das hätte mehr Zeit gebraucht. Da wurden vollendete Tatsachen geschaffen", kritisiert er die Rodungsarbeiten, die am 30. Dezember frühmorgens unter Polizeischutz begannen und letztendlich durch einen Eilantrag vom Verwaltungsgericht in Trier am Nachmittag wieder gestoppt wurden (der TV berichtete mehrfach).

Schon seit Monaten streiten sich der Naturschutzbund und die Anwohnerinitiative Wald in Not mit der Anstalt öffentlichen Rechts Energie Bernkastel-Wittlich, an der der Landkreis neben weiteren Kommunen beteiligt ist, um den geplanten Windkraftpark Ranzenkopf.
Die Kreisverwaltung ist aber gleichzeitig auch als Aufsichtsbehörde für das Genehmigungsverfahren zuständig. Das hatte die Struktur- und Genehmigungsdirektion Nord geprüft und auch erlaubt.

Kiefer sprach mit Anliegern, die das Areal kurz nach den Rodungsarbeiten besucht haben. "Es ist schon sehr viel Fläche gerodet. Wir konnten das in Gänze nicht mehr aufhalten. Der Frust bei uns ist groß." Das bestätigt auch Sabine Lütt, Anwohnerin aus Hunolstein: "Es sieht so aus, als habe man möglichst schnell möglichst viele Bäume gefällt."
Im Rückblick sagt Kiefer: "Wir hätten uns eine bessere Zusammenarbeit mit der Kreisverwaltung gewünscht. Es hieß, dass man im Zweifelsfall gemeinsam mit den Gutachtern rausfahren könne. Das ist nie geschehen. Uns wurden immer nur die Ergebnisse präsentiert. Ich hätte mir mehr Zeit gewünscht, um das Thema gemeinsam abzuarbeiten. Die Baumfällaktion war sehr überstürzt."Nabu bleibt auf Klageweg



Cosima Lindemann, Naturschutzreferentin beim Nabu ergänzt: "Konstruktive Angebote des Nabu wurden vonseiten der Planer nicht angenommen. So habe der Nabu vorgeschlagen, gemeinsam Fledermausuntersuchungen durchzuführen. Auch seien zugesagte Unterlagen zum Fledermauszug, nie vorgelegt worden. "Die Chancen eines ehrlichen und konstruktiven Prozesses wurden nicht genutzt," bedauert Cosima Lindemann. Man dürfe sich also nicht wundern, dass man sich nun doch wieder vor Gericht treffen werde. Die Kreisverwaltung Bernkastel-Wittlich widerspricht diesen Vorwürfen. Die Kreisverwaltung in Wittlich teilt mit: "Die Projektträger und die Kreisverwaltung als Immissionsschutzbehörde haben immer für eine Kooperation mit dem Nabu zur Verfügung gestanden. So haben auf Initiative der Immissionsschutzbehörde der Kreisverwaltung mehrere Abstimmungsgespräche unter der Moderation der SGD Nord als Obere Naturschutzbehörde stattgefunden. Dabei wurden mit der SGD Nord und dem Nabu Rheinland-Pfalz die Untersuchungsmethodik und der Umfang der naturschutzfachlichen Untersuchungen erörtert." Die Einhaltung des Rodungsstopps am 30. Dezember sei durch die Immissionsschutzbehörde der Kreisverwaltung durch Vorortkontrollen an allen Standorten der Windenergieanlagen überwacht worden.

Der Rodungsstopp sei umgehend nach Eingang des Urteils des Verwaltungsgerichts Trier um 13.50 Uhr telefonisch mitgeteilt worden. Danach waren nur noch abschließende Maßnahmen zur Gewährleistung zugelassen.
Die Arbeiten habe man mit einer unabhängigen und fachlich qualifizierten hydrogeologischen Baubegleitung überwacht und gewährleistet. Die Baumfällarbeiten seien weitestgehend abgeschlossen worden. Allerdings habe man die noch vorgesehenen Aufräumarbeiten wegen des Rodungsstopps nicht durchführen können.
Ob nun das Projekt verzögert wird? Das sei zu befürchten, so die Kreisverwaltung. Man rechne damit, dass gegebenenfalls der Bauzeitenplan mit Inbetriebnahme der Anlagen bis Jahresende 2017 nicht eingehalten werden könne.

Der Nabu will indes weiterhin auf dem Klageweg bleiben. Dafür hat der Naturschutzbund weitere Argumente gefunden.
Andreas Kiefer erläutert: "Im Bereich des Ranzenkopfs wurde der Wespenbussard gesichtet. Zwei Exemplare konnten wir im Bereich der Wintricher Anlage an den geplanten Standorten 15 und 16 nachweisen. Der Wespenbussard ist zwar in Rheinland-Pfalz noch kein Ausschlusskriterium, aber im sogenannten Helgoländer Papier auf Bundesebene als solches anerkannt. Und das könnte vor Gericht eine Chance sein. Das gilt auch für die Waldschnepfe, die ebenfalls gesichtet wurde."Extra

Das sogenannte Helgoländer Papier sammelt Kriterien für den Bau einer Windkraftanlage und gibt Abstandsempfehlungen für Windenergieanlagen zu bedeutsamen Vogellebensräumen. Es wurde von der Umweltministerkonferenz auf Bundesebene zur Kenntnis genommen und von der Amtschefkonferenz der Staatssekretäre von Bund und Ländern bestätigt. Es regelt die Mindestabstände zu Brutplätzen von bedrohten Vogelarten. Darunter fallen unter anderem der Wespenbussard, der Schwarzstorch, Rotmilan und die Waldschnepfe. hplExtra

Am Ranzenkopf, einem Berg zwischen Bernkastel-Kues und Morbach, soll mit Windenergie Strom erzeugt werden. Dafür müssen ganz große Rotoren dorthin gestellt werden. Das finden Menschen, die sich besonders für die Umwelt einsetzen, nicht gut. Denn dafür müssen Bäume gefällt werden. Das ist nur in bestimmten Bereichen erlaubt - und darüber gibt es jetzt Streit. Andererseits ist Windkraft aber wichtig, damit man die gefährlichen Atomkraftwerke abschalten kann. hpl

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