Heimat Deutsche Wurzeln an der Copacabana

Kesten · Als in den 1830er Jahren in Deutschland Not herrschte, wanderten einige Familien nach Brasilien aus, wo gezielt Deutsche angeworben wurden. Ihre Nachkommen sind nun an der Mosel und im Hunsrück auf der Suche nach ihren Wurzeln.

 Die Gruppe aus Brasilien fühlt sich in Kesten sehr wohl. Marliese Recktenwald, mit dem Brasilienbuch in der Hand, ist aus Rio Grande de Sul, und hat sehr wahrscheinlich Vorfahren in Kesten. Mit im Bild sind: Willi Follmann, Heimatforscher mit eigener Verwandschaft in Brasilien (ganz links), Ortsbürgermeister Michael Beer (2. v.l.) Otto Ferres mit seiner Frau Renate, die im Haus Schons leben, die Mutter des Ortsbürgermeisters, die ebenfalls schon in Brasilien war und drei weitere Brasilianerinnen mit deutschen Wurzeln.

Die Gruppe aus Brasilien fühlt sich in Kesten sehr wohl. Marliese Recktenwald, mit dem Brasilienbuch in der Hand, ist aus Rio Grande de Sul, und hat sehr wahrscheinlich Vorfahren in Kesten. Mit im Bild sind: Willi Follmann, Heimatforscher mit eigener Verwandschaft in Brasilien (ganz links), Ortsbürgermeister Michael Beer (2. v.l.) Otto Ferres mit seiner Frau Renate, die im Haus Schons leben, die Mutter des Ortsbürgermeisters, die ebenfalls schon in Brasilien war und drei weitere Brasilianerinnen mit deutschen Wurzeln.

Foto: Christina Bents

Schorles und Winzersekt gibt es beim Empfang für die brasilianischen Gruppe, die in Kesten nach ihrer Familiengeschichte forscht. Vier Frauen aus Rio Grande do Sul werden von Ortsbürgermeister Michael Beer herzlich aufgenommen. Mit dabei ist auch Willi Follmann, der selbst in Brasilien Verwandte hat, und durch sein heimatkundliches Wissen mithilft Verwandte oder Orte, an denen die Familie lebte, zu finden.

Sie sind nach Kesten gereist, weil Marliese Recktenwalds Vorfahren wahrscheinlich von hier stammen. Sie hatten den Namen Schons. Als Willi Follmann beim Ortsbürgermeister anrief, um Näheres zu erfahren, ist ihm gleich der Hausname Schons eingefallen, aber eine Familie mit diesem Namen gibt es nicht mehr im Moselort. Trotzdem ist die brasilianische Gruppe hierher gekommen und hat sich den Ort angesehen. Familie Ferres, die jetzt im „Schons-Haus“ lebt, war gleich bereit, sich mit allen zu treffen. Otto Ferres erklärt: „Mein Vater ist früh verstorben, deshalb habe ich über unsere Vorfahren keine Kenntnisse. Aber auch für mich ist es interessant zu hören, dass wir vielleicht Verwandte in Brasilien haben.“

Und dafür gibt es einen weiteren Anhaltspunkt: Der Vater von Otto Ferres hieß Alois und der Großvater von Marliese Recktenwald Aloysius. Als sie von den Samstagnachmittagen bei ihrem Opa erzählt, wird es emotional. Sie sagt: „Jeden Samstag hat er im Radio deutsche Musik gehört und ich bin dann zu ihm und er hat mir von Deutschland erzählt. Das hat mich immer sehr bewegt und ich wollte das, wovon er sprach, immer einmal sehen. Jetzt bin ich hier,“ sagt sie mit Tränen in den Augen.

Auch weitere Orte und Menschen, die mit den Brasilianern in Verbindung stehen, hat die Gruppe schon aufgesucht, darunter die Kirchen in Detzem und Klüsserath. Maria Christina Klein, die aus Brasilien kommt, war sehr erstaunt, als sie die gesehen hat. Sie sagt: „In Brasilien schmücken wir die Häuser immer sehr weihnachtlich und auch an Ostern dekorieren wir sehr viel. Jetzt weiß ich auch, nachdem wir die Klüsserather Kirche gesehen haben, dass wir das von unseren Vorfahren haben, die es aus Deutschland mitbrachten.“

Insgesamt gefällt es der Gruppe sehr gut in Deutschland. „Wir sind erstaunt, wie ähnlich es landschaftlich ist. Viele Blumen, die es hier gibt, haben wir auch in Brasilien“, sagt Clarisse Fröhlich. Maria Magdalena Klein, die Schwester von Maria Christina, die in Brasilien Ärztin ist, fällt auf, dass die Menschen in Deutschland sehr gebildet, freundlich und offen sind. „Das hat man uns zwar in Brasilien auch schon gesagt, aber das hier vor Ort so zu erfahren, ist für uns etwas ganz Besonderes.“

Maßgeblich beteiligt an dem Treffen ist Willi Follmann aus Konz, der früher in Salmtal gelebt hat. Vor 25 Jahren hat er jemanden kennengelernt, der aus Brasilien kam und Follmann hieß. Dann hat er nach Verwandten gesucht und sie gefunden. Sieben Mal war er anschließend in dem südamerikanischen Land und auch schon bei einem „Follmannsfest“, bei dem etliche Verwandte, mit Vorfahren von der Mosel und aus der Eifel zusammengekommen waren. „Das gibt es bei uns öfter, dass es sehr große Feste gibt, bei denen Menschen gleichen Nachnamens zusammenkommen. Die Leute hatten früher bis zu zehn Kinder, da kommt schon was zusammen. Es gab drei große Auswanderwellen“, sagt Clarisse Fröhlich. Der Austausch wird über eine deutsche Schule in Brasilien organisiert, und es war wohl nicht der letzte, bei dem Brasilianer hier ihre Wurzeln gefunden haben.

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