"Nackt gebadet wird nicht!"

WITTLICH. Sie sind allesamt Lieseranlieger und sogar Miteigentümer des Flusses. Ihre ruhige Wohngegend liegt nur zwei Fußminuten vom Stadtzentrum entfernt.

"Nackt gebadet wird nicht, sie sind alle anständig". Otto Schaeffer ist voll des Lobes über seine Nachbarn. Schaeffer bezieht sich auf die Worte von Alfred Schmitt, einem von etwa zehn direkten Nachbarn mit ebenfalls direktem Zugang zur Lieser, gleich vom Wohnhaus aus nur mal kurz durch den Garten. "De Kenner ginn enn de Lieser schwimmen", sagt Schmitt. "Und wir Erwachsene stellen an heißen Tagen schon mal die Biertischgarnitur mitten in die Lieser, kühlen die Getränke im Fluss und genießen die Atmosphäre am Wasser", ergänzt Reinhold Blum, vor etlichen Jahren aus Speicher/Eifel zugezogen. Schaeffer zeigt zur Bestätigung ein Foto vom heißen Sommer des Jahres 2003 mit Biertischgarnitur mitten im Fluss. "Im Winter wird gegrillt, Glühwein getrunken und Skat gespielt auf dem zugefrorenem Fluss." Schaeffer, Schmitt und Blum - alle drei wohnen in guter Nachbarschaft fast in Wittlichs Stadtmitte. Genauer gesagt, ihre altehrwürdigen Häuser stehen am vorderen Eingang der Römerstraße, nicht weit von der so genannten Trierer Brücke über die Lieser. Nur wenige Gehminuten sind es über die Brücke hinein in Wittlichs Stadtmitte. Für Otto Schaeffer war der Weg zur Arbeit auf die andere Lieserseite ein täglicher Gang. Viele Wittlicher kennen ihn noch aus den Zeiten, als in der Schloßstraße im Baumarkt Lütticken-Schweisel agierte. Alfred Schmitt war beim Postamt in Wittlich beschäftigt. Reinhold Blum ist beim Bauamt der Kreisverwaltung tätig. Egal ob beruflich oder privat: Schnell sind die drei von der Emsigkeit der Stadt im ruhigen Zuhause, um im schönstem Einklang mit der Natur zu wohnen. Sie nehmen die Lieser gerne in Beschlag. Und das sogar juristisch abgesichert. Denn die Lieser gehört bis etwa zur Flussmitte zu den Grundstücken, resultierend aus einer Verlegung des Flussbettes vor etwa einem Jahrhundert, so die Männer. Es ist zu spüren: Die Lieser liegt den Nachbarn am Herzen. Sie kümmern sich um ihren Fluss, machen sich Sorgen auch um die Brücke, die beim letzten Hochwasser leicht beschädigt wurde. Auch wenn es nur der Abschlussstein ist, ohne tragende Funktion. 2003 kam das Wasser gerade mal bis zum Gartenmäuerchen, knapp vor dem Überschwappen in die unterste Etage der Häuser. Schaeffer zeigt die Hochwassermarken und den Schriftverkehr mit dem Wasserwirtschaftsamt. Dort sieht man die Gefahren für die Anlieger der Römerstraße weniger dramatisch, wie aus dem Schreiben hervorgeht. Aber die Befürchtung ist da, dass ein größeres Hochwasser kommt. Und dann fehlen die Zentimeter, die im Laufe der letzten Jahrzehnte durch Schwemmsand das Bachbett erhöht hat. "40 bis 50 Zentimeter ausbaggern reichen schon". So die Nachbarn mit dem Hinweis darauf, dass in vergangenen Zeiten die Lieser von angeschwemmten Unrat geräumt wurde. Alle zwei Jahre geschah dies durch Handarbeit der städtischen Arbeiter. Dies werde heute nicht mehr getan. Obwohl man heute Bagger habe. Schaeffer könnte stundenlang erzählen und präsentiert seine Fotomappe mit Hochwasserfotos aus 100 Jahren. Eine Stimme ertönt aus dem Hintergrund und bestätigt: "Die Lieser muss ausgebaggert werden, damit das Hochwasser nicht wiederkommt". Nachbarin Anita Friedrich stößt zu den dreien hinzu. Denn die Gärten der Lieseranlieger sind zum Durchgang für alle Nachbarn offen gestaltet. Alfred Schmitt scherzt: "Anita badet nicht im Wasser, sondern in der Sonne und füttert die Enten im Fluss." Schon ist das Thema wieder zu den angenehmen Seiten des Wohnens am Wasser gelenkt. Und das hat seinen besonderen Reiz - auch für die Lieseranlieger in der Römerstraße.

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