Umwelt Wildnis mitten in der Kulturlandschaft

Hilscheid  · Der Nationalpark Hunsrück-Hochwald besteht nicht nur aus bewaldeten Flächen. So genannte  „Offenlandflächen“ waren Ziel einer Exkursion, an der auch Sabine Riewenherm, Präsidentin des Landesamtes für Umwelt, teilgenommen hat.

 Mit dem erst seit diesem Jahr über Stege zugänglichen Hangmoor Ehlesbruch erwartete die Teilnehmer der Offenlandflächen-Exkursion eine Etappe der Nationalpark-Traumschleife Gipfelrauschen. Vorne (von rechts) Umweltamt-Präsidentin Sabine Riewenherm und Gudrun Rau, Geschäftsführerin des Naturparks Saar-Hunsrück.

Mit dem erst seit diesem Jahr über Stege zugänglichen Hangmoor Ehlesbruch erwartete die Teilnehmer der Offenlandflächen-Exkursion eine Etappe der Nationalpark-Traumschleife Gipfelrauschen. Vorne (von rechts) Umweltamt-Präsidentin Sabine Riewenherm und Gudrun Rau, Geschäftsführerin des Naturparks Saar-Hunsrück.

Foto: TV/Ursula Schmieder

Biotope wie hochmoorähnliche Brücher, Wiesentäler, breite Wege und Kreuzungen und die noch erkennbare Trasse einer unter Adolf Hitler geplanten Autobahn. Der noch junge Nationalpark Hunsrück-Hochwald besteht nicht ausschließlich aus bewaldeten Flächen. Sie werden vielmehr immer wieder unterbrochen von sogenannten Offenlandflächen – geprägt von früheren Nutzungen, beispielsweise für Land- und Forstwirtschaft.

Sabine Riewenherm, seit April Präsidentin des Mainzer Landesamtes für Umwelt, lernte einige dieser Flächen bei einem Besuch des Nationalparks kennen. Ein Team des Nationalparkamtes mit Leiter Harald Egidi erläuterte an sechs Stationen Besonderheiten. So wie die des Hangmoors Ehlesbruch, ein für die Region typisches Feuchtgebiet, durch das neu angelegte Stege führen. Früher wurden solche Stau- und damit auch Regenrückhalteflächen rigoros entwässert. Doch angesichts von Starkregen und Trockenperioden gewinnen Renaturierungen zusehends an Bedeutung.

Bisher mehr als 1200 Grabenverschlüsse im Nationalparkgebiet mit etlichen Brüchern rings um den Erbeskopf bei Deuselbach zeigen laut Egidi bereits Wirkung. So habe sich etwa ein Fischzüchter anfangs gesorgt, ihm werde „das Wasser abgegraben“. Doch inzwischen habe sich gezeigt, dass er Zu- und Abflüsse weniger regulieren müsse als zuvor.

Offenlandflächen im Nationalpark Hunsrück-Hochwald
13 Bilder

Offenlandflächen im Nationalpark Hunsrück-Hochwald

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Allein dieses Beispiel lässt erahnen, dass jede Offenlandfläche im Nationalpark einzigartig ist. Es müsse immer einzeln entschieden werden, wie mit solchen Flächen in einem Wildnisgebiet umzugehen ist, betont Ulrich Jäger, Landesamts-Experte für Biotopsysteme. Und bei Fragen wie der, ob Arten- oder Naturschutz vorrangig sein sollte, gebe es oft Zielkonflikte.

Deutlich wird das etwa im Hohltriefbachtal, die sich bei langjährigen Messreihen als kälteste Wiese in Rheinland-Pfalz herausgestellt hatte, wie Hans-Joachim Brusius, im Nationalparkamt zuständig für Biotope und Waldentwicklung, erklärt. Auch sie war ein Ziel der Exkursion. Wegen zu vieler Wildschweine braucht es dort ein Wildtiermanagement, also eine Bejagung, die in einem Nationalpark aber auch kritisch gesehen wird.

Ein weiteres Beispiel für abweichende Sichtweisen ist der Umgang mit seltenen Bewohnern wie dem Weißbindigen Mohrenfalter, dessen Lebensraum sich mit dem Nationalpark verändern wird.

Ob und wie offene Flächen gepflegt werden und ob sich ein Biotop mit oder ohne menschliche Einwirkung entwickeln kann, hat mitunter weitreichende Folgen. Und das nicht nur unmittelbar für die Tier- und Pflanzenwelt. So gelten etwa für Flächen im Nationalpark-Kernbereich andere Regeln als für solche an seinen Rändern. Denn dort sind beispielsweise auch Interessen von Anrainern, beispielsweise der Holzwirtschaft, zu berücksichtigen. Fichten, denen der Borkenkäfer zusetzt, gibt es daher – in überschaubarem Umfang – auch nur im Zentrum des Schutzgebietes. Das ermöglicht, die weitere Entwicklung von Käferbefall und längerfristige Auswirkungen in einem Wildnisgebiet zu beobachten und zu erforschen.

„Da entwickeln sich jetzt total spannende Strukturen“, sieht Egidi dem eher neugierig als besorgt entgegen. Auch Riewenherm steht Projektfeldern wie diesem aufgeschlossen gegenüber. In Sachen Klimawandel und Biodiversität sei noch viel nachzuholen in der Forschung, hofft sie auf Erkenntnisse beispielsweise zugunsten von mehr Artenvielfalt. Von großem Vorteil dabei sei die Zusammenarbeit von Menschen verschiedener Fachgebiete im Nationalpark. „Da sind Förster auf Biologen getroffen.“ Und die lernten nun zwangsläufig voneinander.

Mit eingebunden ist auch der bereits 1980, also 35 Jahre vor dem Nationalpark, gegründete Naturpark Saar-Hunsrück. Laut Geschäftsführerin Gudrun Rau, die die Exkursion begleitete, braucht dieses Schutzgebiet, anders als der Nationalpark, „den Menschen in der Kulturlandschaft“. Andererseits sei man natürlich froh, Menschen mitten im Naturpark auch Wildnis zeigen zu können. Denn das bietet Vergleichsmöglichkeiten, die den Sinn und Nutzen beider Schutzgebiete besser verstehen lassen.

Weitere Fotos gibt es unter
www.volksfreund.de

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