Nationalpark nimmt Formen an

Züsch · Die Diskussion über das mögliche Gebiet des Nationalparks im Hunsrück beim Forum in Züsch verlief sachlich. Trotz augenfälliger Proteste vor der Tür waren offensichtlich die Befürworter des Projekts im Saal in der Überzahl.

Züsch. "Es wird heiß." Diese Prophezeiung eines Försters angesichts des Spaliers von etwa 30 Nationalpark-Gegnern, die ihre Meinung mit professionellen Plakaten vor dem Züscher Bürgerhaus kundtaten, bewahrheitete sich nicht.

Sachliche Diskussion: Das Nationalpark-Forum zur Gebietskulisse verlief fast durchweg sachlich. Die Kritiker unter den 300 Zuhörern meldeten sich zwar rege zu Wort, doch dem Applaus nach zu urteilen, waren die Befürworter des Parks deutlich in der Überzahl.

Keine Alternativen: Der Veranstaltungsort war kein Zufall. Der Züscher Ortschef Herrmann Bernardy (SPD) begrüßte die Gäste mit dem Hinweis, dass das für den Nationalpark erarbeitete Brennholzkonzept, das die Versorgung von Züsch und den Nachbargemeinden sichert, "eine gelungene Sache" sei. "Wir haben nichts außer der Natur und die wollen wir bewahren", stellte Bernardy klar.
Umweltministerin Ulrike Höfken machte deutlich, dass auch das Land keine Wahl habe. Es müsse auf jeden Fall Schutzgebiete ausweisen, um internationalen Verpflichtungen nachzukommen und zehn Prozent der Waldfläche der Natur zu überlassen. Das sei in einem großen Gebiet billiger als in vielen kleinen. Und nicht nur das: Der Nationalpark, in dem verträglicher Tourismus und Infrastruktur gefördert werden sollen, habe "das Zeug zur Regionalentwicklung".

Gebietsauswahl: Forstplaner Claus-Andreas Lesander, ein gebürtiger Hunsrücker, stellte die in Abstimmung mit Bürgern und Kommunen erarbeitete mögliche Parkfläche vor. Von Nonnweiler im Saarland soll sich der Park in nordöstlicher Richtung über die Verbandsgemeinden Hermeskeil und Thalfang bis Mörschied im Kreis Birkenfeld erstrecken (der TV berichtete, siehe Extra).
Drei Punkte waren laut Lesander bei der Gebietsauswahl zu beachten: Der Nationalpark sollte großräumig, unzerschnitten und von besonderer Eigenart sein.

Einzigartigkeit: Die Brücher, also spezielle Feuchtgebiete wie Moore, Bruchwälder und Sauergraswiesen, seien ein Alleinstellungsmerkmal der Region, sagte Lesander. Der Park befinde sich zudem in einem der 30 sogenannten Hotspots der biologischen Vielfalt in Deutschland und enthalte bereits 500 Hektar Naturschutzgebiet.
Außerdem gebe es noch viele Buchen im Nationalparkgebiet. Diese Baumart, die ursprünglich zwei Drittel Deutschlands bedeckt hat und heute gerade mal noch auf 4,5 Prozent der Fläche zu finden ist, bezeichnete Lesander als schützenswert.
Er kritisierte zugleich den Verein "Ja zur Natur - Nein zum Nationalpark!". Lesander: "Der deutsche Wald ist kein Urwald, er wurde 200 Jahre lang gestaltet. Es müsste eigentlich "Ja zur Kultur" heißen." Naturwälder gebe es nur noch in den Tropen und in den kalt gemäßigten Zonen.

Kaum vielbefahrene Straßen: Das vorgeschlagene Parkgebiet sei wenig zerschnitten, sagte Lesander. Nur drei kurze Teilstücke von Straßen mit mehr als 1000 Autos am Tag befänden sich darin. Das gilt auch für den Malborner Bereich. Doch der dortige Rat lehnt den Park ab, so dass das Land laut Lesander auf die Maximallösung an dieser Stelle verzichtet hat.

Annehmbare Größe: Zusammen mit dem saarländischen Gebiet erreicht der Nationalpark die empfohlene Größe von 10 000 Hektar. Claus-Andreas Lesander verteidigte das schmale Anhängsel im westlichen Teil des Parks. Auch das sei ein Kompromiss gewesen. Das Gebiet habe naturschutzfachlich viel zu bieten.

Bürgerfragen: Eigentlich sollte bei der Diskussion mit den Bürgern die Ausdehnung des Nationalparks im Mittelpunkt stehen, wie mehrfach erklärte wurde. Aber nach hartnäckigem Drängen und Kritik wurden doch die Themen Wildtiermanagement und Borkenkäferbekämpfung, zu denen es noch eigene Foren geben soll, behandelt. Lesander sagte: "Wir müssen aufgrund fehlender Jäger den Wildbestand regulieren. Das werden Profis übernehmen, um möglichst wenig zu stören." Jens Jacob, Leiter von Landesforsten, versprach, dass es auch ein Borkenkäfermanagement gebe. Die Auswanderung der Käfer nach außen sei in den Griff zu bekommen. Die Frage nach der Höhe des Fördergelds für die Region konnte die Ministerin nicht beantworten. "Mit dem Votum für den Nationalpark fängt die Arbeit erst an", sagte sie. Einen Masterplan halte sie für eine gute Idee. Die Frage eines Wehrmanns, wie Verunglückte gerettet werden, wenn Wege zurückgebaut würden, ließ sie ebenfalls offen, versprach aber, sie mitzunehmen. Den Gegnern, die den Sinn des Nationalparks auch aus Naturschutzsicht in Frage stellten, hielt Höfken entgegen, dass es nicht um die Zahl der Arten gehe, sondern um die seltenen Tiere und Pflanzen.
Uwe Andretta (Grüne Morbach) merkte Positives an: "Dem Hunsrück fehlt eine eigene Identität. Der Nationalpark bietet die Chance, ihm dies zu geben. Und um die Kommunalreform vorwegzunehmen: Ich sehe einen großen Hunsrück-Kreis von der Saar bis zum Rhein." Er erhielt kräftigen Applaus.
Extra

Folgende Orte der Verbandsgemeinden Hermeskeil und Thalfang und liegen mit Teilen ihres Gebiets im Nationalpark: Neuhütten (mit 863 Hektar); Züsch (131 Hektar); Damflos (182 Hektar); Malborn (774 Hektar); Hilscheid (580 Hektar) Das Online-Forum des Umweltminsteriums zum Nationalpark ist zu finden unter www.dialog-nationalpark.rlp.de Infos unter www.nationalpark.rlp.de

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