Neue Energie für die Windkraft

Bernkastel-Wittlich · Der Wind hat sich gedreht: Während früher viele Gemeinden im Kreis Bernkastel-Wittlich noch skeptisch waren, setzen sie sich heute mehrheitlich für den Bau von Windrädern ein. Die Debatte über weitere Standorte läuft.

Bernkastel-Wittlich. "Wenn wir alle Anlagen bauen würden, die derzeit angedacht sind, kämen wir auf 50 bis 60 Windräder", so beschreibt Heiner Nilles von der Verbandsgemeindeverwaltung Bernkastel-Kues das große Interesse der Gemeinden an der Windkraft. Wie viele Kommunen in der Region diskutiert die VG derzeit über eine Änderung des Flächennutzungsplans (siehe Extra). Denn der Bau der Anlagen soll ab 2012 in deutlich mehr Gebieten als bisher erlaubt sein.
Im neuen Regionalplan sollen keine Vorranggebiete mehr definiert werden, sondern lediglich Ausschlusskriterien für die Errichtung von Windrädern. Sie müssen rund 1000 Meter von Orten entfernt stehen, die Fremdenverkehrs- oder Wohnfunktion haben, die Höhenzüge entlang der Mosel bleiben tabu, und auch Standorte in der Nähe von Bodenschatzabbaugebieten sind nach wie vor nicht erlaubt.
Das Sagen haben künftig die Verbandsgemeinden und Städte. Sie regeln, wo Windkraft erlaubt ist. Vor allem über Gebiete, die wegen Naturschutz, Landespflege oder Forstwirtschaft pauschal ausgeschlossen waren, soll dann im Einzelfall entschieden werden.
Noch gilt der alte Raumordnungsplan. Auf dessen Basis wurden 28 Windräder im Kreis errichtet - 13 in der VG Thalfang, 14 in Morbach und eines in der VG Bernkastel-Kues. Voraussichtlich im September wird die Regionalvertretung der Planungsgemeinschaft (siehe Extra) über den Vorschlag des Regionalvorstandes beschließen, der mehr Möglichkeiten für den Bau von Windkraftanlagen vorsieht. Stimmt er zu, wird der Plan geändert.
"Unsere Ortsgemeinden wollen das Thema Windkraft massiv angehen", kündigt Christiane Horsch an, Bürgermeisterin der VG Neumagen-Dhron. In Abstimmung mit der VG Bernkastel-Kues - ihr gehören ab 2012 drei Orte der VG Neumagen-Dhron an - sei bereits eine Untersuchung in Auftrag gegeben worden, welche Flächen geeignet seien. "Die Gemeinden sind sehr aufgeschlossen", berichtet Horsch. Kein Wunder, denn allein an Pacht können Kommunen bis zu 25 000 Euro jährlich pro Windrad verbuchen.
Der Thalfanger Büroleiter Michael Suska dämpft die Euphorie ein wenig: "Es wird weiterhin so sein, dass nicht alle Orte Windkraft haben können." Als ein Standort sei der Bereich des Haardtwalds im Gespräch, der bereits Vorrangfläche ist. In Morbach waren bisher Flächen in den Höhenlagen aus Gründen der Landespflege außen vor gelassen worden - das könnte sich ändern. Auch die Einheitsgemeinde ist grundsätzlich pro Windkraft eingestellt, heißt es aus der Verwaltung.
Nach dem noch gültigen Regionalplan gibt es in der VG Bernkastel-Kues keine Vorrangfläche, berichtet Nilles. Das soll sich ändern. Es gebe einige Flächen mit Potenzial - vor allem in den Ortslagen mit Höhenflächen auf der Hunsrück-Seite. "Einige Gemeinden haben schon Verträge abgeschlossen." In jedem Fall sei die Akzeptanz in der Bevölkerung gestiegen.
Traben-Trarbach konnte bislang keine Windräder errichten, da die VG wegen des Luftverkehrs von und hin zum Flugplatz Hahn, der Airbase Spangdahlem und dem Segelsportflugplatz auf dem Mont Royal eingeschränkt ist - und zudem vom militärischen Sperrgelände des Amts für Geoinformationswesen in Traben-Trarbach. "Nach den Sommerferien sollen sich unsere Gremien mit der Frage befassen, wo zumindest noch kleine Flächen sind, die als Standorte in frage kommen könnten", berichtet Bürgermeister Ulrich K. Weisgerber.
In Wittlich-Land sollten ursprünglich vier Anlagen errichtet werden, doch am Ende entschied sich die Gemeinde Hupperath dagegen. Eine zweite geeignete Fläche gebe es im Bereich Niersbach, doch dort gelte wegen der Nähe zur Airbase Spangdahlem eine strengere Höhenbegrenzung, erklärt Bürgermeister Christoph Holkenbrink. Diese sei nun erneut zu prüfen.
Die VG Manderscheid begrüßt es, dass die Gemeinden nun die Planungshoheit haben. "Wir haben die Gemeinderäte gebeten, sich zu dem Thema zu beraten", sagt Günter Weins, Leiter der VG-Werke. Auch hier ist die Nähe zu Spangdahlem für einige Orte problematisch. Zudem fällt Niederscheidweiler aus der Planung heraus, weil dort Sandstein abgebaut wird. "Generell wäre es wünschenswert, dass wir uns auf bestimmte Stellen konzentrieren können", sagt Weins - also Windparks anstatt weit verteilter Windräder.
Etwas gedämpfter ist die Stimmung in Kröv-Bausendorf. Bürgermeister Otto-Maria Bastgen kann sich zwar Windräder in Hontheim vorstellen, möglicherweise in Zusammenarbeit mit der Gemeinde Strotzbüsch, aber für die Moselgemeinden gelte: Der Tourismus, also die Schönheit der Landschaft, hat Vorrang. Wo in der Region Windräder aufgestellt werden können, regelt seit 2004 der Regionale Raumordnungsplan der Planungsgemeinschaft Region Trier. Sie ist zuständig dafür, dass in der Stadt Trier und in den Kreisen Bernkastel-Wittlich, Bitburg-Prüm, Vulkaneifel und Trier-Saarburg bei der Flächennutzung Wohnen, Arbeiten, Verkehr, Freizeitnutzung und Ökologie in einem vernünftigen Verhältnis zueinander stehen. Mitglieder der Planungsgemeinschaft sind neben Vertretern der Stadt und der Kreise Kammern, Gewerkschaften und Unternehmerverbände. Im 20-köpfigen Regionalvorstand der Planungsgemeinschaft sind unter anderem die Landräte und der Trierer Oberbürgermeister vertreten. Im Raumordnungsplan ist unter anderem auch festgeschrieben, auf welchen Flächen in der Region Windräder stehen dürfen. Flächennutzungspläne legen sozusagen die Feingliederung fest: Wohnbauflächen, gewerbliche Baugebiete, Grünflächen, Wassergebiet und Straßenverkehr zum Beispiel. Die Gemeinden stellen in dieser Art Absichtserklärungen dar, wie sie ihren Grund und Boden nach nutzen und wie sie sich entwickeln wollen. mic/uq

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