Wohnen Wengerohr hübscht altes Dorf wieder auf

Wittlich-Wengerohr · Wasserleitungen, Kanäle und Zufahrten führen meist über Nachbargrundstücke. Für  Immobilien  gibt es deshalb dort meist keine Baugenehmigung und auch keine Käufer. Doch eine Erschließung ist in Sicht.

  Im Altdorf in Wengerohr stehen viele Gebäude mit Sanierungsbedarf und unter Denkmalschutz. Doch mangels einer öffentlichen Erschließung mit Wasserleitungen, Kanälen und Straßen sind zahlreiche Immobilien dort mehr oder weniger unverkäuflich.

Im Altdorf in Wengerohr stehen viele Gebäude mit Sanierungsbedarf und unter Denkmalschutz. Doch mangels einer öffentlichen Erschließung mit Wasserleitungen, Kanälen und Straßen sind zahlreiche Immobilien dort mehr oder weniger unverkäuflich.

Foto: Christian Moeris

Nach Meinung heutiger Stadtplaner herrscht im Altdorf Wengerohr der reinste Wildwuchs. Die Abwasserleitungen mancher Häuser führen gar unter vier Privatgrundstücken durch, bis sie in einem öffentlichen Kanal münden. Bei Wasser-, Strom- und Telekommunikationsleitungen sieht es nicht anders aus. Auch diese führen größtenteils über die Nachbargrundstücke vieler Häuser. Gleiches Bild bei den Straßen: Der Großteil der schmalen Gassen im Altdorf liegt nicht auf öffentlichen Grund und Boden, sondern auf Privatgrundstücken. Damit gelten viele Grundstücke offiziell gar nicht als erschlossen, was die Eigentümer oder mögliche Kaufinteressenten für Immobilien im Altdorf vor große Probleme stellt.

Denn aufgrund dieses Wildwuchses erteilt die Stadtverwaltung für das Altdorf in der Regel keine Baugenehmigungen. Das Risiko, dass bei Umbauten alte Abwasserkanäle oder Leitungssysteme, von denen bislang niemand wusste, wo sie genau liegen, zerstört werden könnten, ist zu groß. Wer wäre dann schuld, und wer müsste den Schaden bezahlen? Die Häuser und Grundstücke gelten als nicht erschlossen. Deshalb sind – so hört man – bereits viele Kaufinteressenten für Immobilien im Altdorf abgesprungen. Mangels einer öffentlichen Erschließung seien Immobilien dort, so hört man, sogar mehr oder weniger wertlos. Veränderung ist damit nicht möglich.

2017 gründete sich deshalb im Altdorf Wengerohr eine Bürgerinitiative, die sagte, es muss sich etwas ändern! Von der Stadtverwaltung und dem beauftragten Planungsbüro Stra-Tec wurde seitdem an Plänen zur Erschließung des Altdorfes gearbeitet. Wie Bürgermeister Joachim Rodenkirch in der vergangenen Sitzung des Bauausschusses erklärte, stehe die Stadt bei der Erschließung des Areals allerdings vor einem Problem: Es gebe kaum Grund und Boden im Altdorf, der im Eigentum der Kommune sei. Über welchen Grund und Boden will man dann neue Abwasserkanäle und Wasserleitungen verlegen oder öffentliche Straßen bauen?

Damit die Erschließung im Altdorf also gelingen könne, sei die Stadt auf die Kooperation und den guten Willen der Bewohner angewiesen, so Rodenkirch. Denn nur, wenn diese bereit seien, Grund und Boden an die Stadt zu verkaufen, könne man dort öffentliche Infrastruktur schaffen und eine Erschließung des Altdorfes angehen.

Immerhin weiß man aber nun dank der Untersuchungen des Planungsbüros schon mal, wie es im Untergrund des Altdorfes aussieht: wo die Abwasserkanäle, Wasserleitungen und sonstige Infrastruktur liegen. „Im Extremfall führt die Entwässerung eines Grundstückes über vier weitere Privatgrundstücke“, erklärte der beratende Ingenieur Thomas Pitsch den Mitgliedern des Bauausschusses in der vergangenen Sitzung.

Das Ingenieursbüro hat auch eine Planung dazu entworfen, welche Flächen die Stadt für eine Erschließung erwerben müsste und wo künftig Straßen, Kanäle und Leitungssysteme geschaffen werden könnten. Meriten könne man sich bei diesem Projekt jedoch nicht erwerben, sagte Werkleiter Lothar Schaefer den Ausschussmitglieder. „Und für eine Erschließung gibt es keinen Königsweg.“ Neue Infrastruktur über diesen Bereich zu legen, ist also nur möglich, wenn alle Seiten, Planer wie Bewohner, bereit sind, Kompromisse einzugehen. Rodenkirch: „Jetzt öffentliche Strukturen da drüberzulegen, das ist ein Angebot und nur realisierbar, wenn die Leute, die da wohnen, dazu bereit sind, uns dafür Grund und Boden zu überlassen. Wir können da nicht enteignen.“

Vor einer großen Herausforderung steht die Stadt insbesondere bei der verkehrlichen Erschließung des Areals. Wo derzeit noch Privatstraßen und alte Wegerechte die Zufahrt zu den Wohnhäusern ermöglichen, sollen baldmöglichst Autos über öffentliche Straßen rollen. Für die verkehrstechnische Erschließung zeigte das Planungsbüro Stra-Tec ebenso Lösungen auf: In der Diskussion sind die Anlegung von Stichstraßen mit Wendehammern oder -buchten für größere Müllfahrzeuge sowie an anderer Stelle auch eine Ringstraße. Die Mitglieder des Bauausschusses waren sich jedoch darüber einig, dass Ringstraßen im Altdorf möglichst zu vermeiden seien, um das Verkehrsaufkommen in dem Wohngebiet so gering wie möglich zu halten.

Der vom Planungsbüro erarbeitete Entwurf überzeugte die Mitglieder des Bauausschusses. Sie stimmten der Entwurfsplanung für die verkehrstechnische Erschließung des Bereiches Bernkasteler Straße, Wahlholzerstraße und Gartenweg in Wengerohr einstimmig zu.

Wie Wengerohrs Ortsvorsteher Joachim Platz bekräftigt, sei man in Wengerohr mit der erarbeiteten Planung zufrieden. Er sei zuversichtlich, sagt Platz, dass die Erschließung des Altdorfes damit gelingen könne.

Doch letztlich hängt der Erfolg von der Bereitschaft der Wengerohrer Bürger ab. Die zuletzt im Jahr 1969 unternommene Anstrengung, das Altdorf zu erschließen, sagt Platz, sei damals gescheitert, weil sich einige Anwohner quergestellt hätten.

Denn eine Erschließung koste die Anwohner Geld. Die Verlegung der Wasser- und Abwasserleitungen seien nicht von den Anwohnern zu bezahlen, erklärt der Ortsvorsteher. Für die Fahrbahndecken der drei neuen Straßen, die dort zu bauen seien, sehe das allerdings anders aus. Diese Kosten, sagt Platz, hätten wohl die Anwohner schultern.

Im aktuellen Planungsstadium liegt allerdings noch keine Kostenschätzung vor. Welche Summen genau auf die Anwohner zukommen, ist also noch nicht berechnet. „Aber derzeit sind die Grundstücke quasi nichts wert, weil sie nicht erschlossen sind“, sagt Platz. Von einer Erschließung des Altdorfs, welche die Grundstücke in Wert setze, sagt der Ortsvorsteher, würden alle Anwohner profitieren.

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