Neue Route, gut versteckt

Wittlich · Solide Zahlen gibt es nicht, aber die Erkenntnis: Zig-tausend Menschen nutzen den Maare-Mosel-Radweg, der durch Wittlich verläuft. Eine "Säubrenner-Route" sollte die Radtouristen ins Zentrum locken, was scheiterte. Eine "Altstadt-Runde" soll\'s richten.

 Die Aufkleber auf den Laternenmasten sind kleiner als eine handelsübliche Zigarettenschachtel und schwer zu erkennen. TV-Foto: Sonja Sünnen

Die Aufkleber auf den Laternenmasten sind kleiner als eine handelsübliche Zigarettenschachtel und schwer zu erkennen. TV-Foto: Sonja Sünnen

Wittlich. Zwischen Daun und Bernkastel-Kues liegt Wittlich: Jedenfalls aus der Perspektive der Touristen, die die Region über den Maare-Mosel-Radweg (MMR) erkunden. Die Strecke auf der Ex-Bahntrasse lässt das historische Zentrum der Kreisstadt aber links liegen.
Das ist bekannt. Doch wie schafft man es, die vielen Menschen, die quasi "von selbst" anrollen, zu einem Schlenker in die Innenstadt zu bewegen? Mit dem Motto: "Mitten drin, statt dran vorbei", vielleicht? So dachte man vor Jahren und erfand die "Säubrenner-Route". Doch das Motto half nicht wirklich weiter: Die Wirkung der Mini-Schilder war so, als wären sie unsichtbar. Vor Jahren erkannte der Wirtschafts- und Marketingausschuss: "Die Radfahrer finden diese Route nicht."
Zumal die Touristen erst einmal damit beschäftigt waren und sind, die Streckenführung des MMR zu finden. Im Dezember 2011 stellte die Fraktion der Grünen den Antrag, die Verwaltung möge sich der problematischen MMR-Führung und der Einbindung der Innenstadt annehmen. Unter anderem sagte Fraktionssprecher Michael Wagner: "Besonders große Probleme bestehen in der wenig einladenden Zugangssituation im Bereich Bettenkranz-Blumenhaus Schneiders. Der Straßenraum ist hier durch eine Vielzahl von Barrieren so unattraktiv, dass man als Radfahrer hier spätestens die Orientierung und Lust auf eine Stadtrundfahrt verliert." Stimmt. Dort versteckt sich bereits die Hauptstrecke, der MMR, zwischen parkenden Autos, Verkehrsleitsystem-Schild, Blumenkübeln, Auslagen der Geschäfte. Wieso noch nach einer Nebenstrecke suchen? Dabei ist es geblieben, nur die "MMR"-Markierung in Weiß ist erneuert worden.
Aber es gibt etwas Neues. Wie es zustande kam, das weiß Jan Mußweiler, Pressesprecher der Stadtverwaltung: "Das neue Konzept wurde in Zusammenarbeit mit der Tourist-Information, dem Verein Stadtmarketing Wittlich, dem Runden Tisch Innenstadtentwicklung, den Stadtwerken sowie den Fachbereichen I und III der Stadtverwaltung erstellt und im Wirtschaftsausschuss vorgestellt." Das Ganze nennt sich Altstadt-Runde. Sie führt etwa einen Kilometer durch die Stadt, neuerdings auch über den Platz an der Lieser und durch die Karrstraße. Darauf aufmerksam machen: zwei große Schilder und 14 kleine Hinweise. In ihrer Aufkleber-Variante sind sie kleiner als eine Zigarettenschachtel. 910 Euro hat das gekostet. Ziel ist: "Die neue Altstadt-Runde soll verschiedene Sehenswürdigkeiten in der Innenstadt besser zur Geltung bringen." Deshalb gibt\'s auf den zwei großen Schildern eine Karte zur Extra-Route und Fotos etwa vom Burgtürmchen, Altem Rathaus oder der Markuskirche plus Panorama-Ansicht vom Marktplatz.
Wer am Stadthaus aus Richtung Mosel gen Eifel radelt, oder aus umgekehrter Richtung am Friedhof Burgstraße anrollt, sieht also theoretisch, was er nicht sieht, wenn er "nur" den MMR wählt.
Und er sieht, wie er die Spur zur Altstadt findet: auf kleinen Schildern mit Radlenkersymbol und dem Wort Altstadt-Runde. Die hängen dort, wo früher die anderen übersehen wurden: oben an Laternenpfählen zum Beispiel. Im Bereich Feldstraße/Platz an der Lieser etwa wird die Orientierung per Aufkleber zur echten Suchaufgabe. Ist damit der Grünen-Antrag abgearbeitet?. Stephan Lequen sagt für die Fraktion: "Die derzeitige Beschilderung entspricht noch nicht, was am Runden Tisch besprochen wurde. Es soll weitere Verbesserungen geben, wie zum Beispiel zusätzliche Markierungen auf der Straße mit dem bekannten MMR-Logo." Auch halte man an der Idee, die innerstädtische MMR-Strecke an die Lieser/Ohling zu verlegen, fest. Bislang sei das an den zu schmalen und stark von Fußgängern genutzten Wegen gescheitert.Meinung

Der rote Faden fehlt
900 Euro sind auch Geld. Zwar nur ein Klacks, aber den hätte man sich wirklich sparen können. Warum ist die eindeutig gescheiterte Ausschilderung der Ex-Säubrenner-Route mit "unsichtbaren" Hinweisen Basis für die neue Altstadt-Runde? Das machen auch der andere Schlenker durch die Stadt, der neue Name und die eine neue Grafik nicht wett. Der gewünschte "Rote Faden" für die Radfahrer ist das nicht. Es ist Aufgabe der Stadtpolitik da nachzufassen. Es wäre interessant zu wissen, wie vielen der 32 Stadträte die neue Beschilderung bis jetzt noch nicht einmal aufgefallen ist. s.suennen@volksfreund.de

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