Neue Wünsche an die letzte Ruhestätte

LÖSNICH. Sarg oder Urne? Die Entscheidung verschiebt sich eindeutig zugunsten der Urne. Immer mehr Menschen wollen auch eine anonyme Bestattung und regeln dies per Vorsorgevertrag.

Urnenbestattungen waren bis vor einigen Jahren zumindest auf dem so genannten flachen Land die Ausnahme. "Als ich Ende der 80er Jahre das Geschäft übernahm, gab es zwei bis drei Urnenbestattungen im Jahr", erzählt Ludwig Bohr, der in Bernkastel-Kues ein Bestattungs-Unternehmen betreibt. Das hat sich grundlegend geändert. Die Urne hat den Sarg verdrängt. Mittlerweile, so Bohr, mache die Zahl der Urnenbegräbnisse mehr als die Hälfte seines Geschäfts aus.Keine Möglichkeit zur Grabpflege

Egal ob Urne oder Sarg: Auf den Friedhöfen in der Verbandsgemeinde Bernkastel-Kues ist bisher jedes Grab mit den Namen des Verstorbenen versehen. Auf dem Friedhof in Lösnich kann sich das aber bald ändern. Der Gemeinderat hat beschlossen, ein anonymes Urnenfeld anlegen zu lassen - ein Wiesenstück, das nur gemäht werden muss. "Ich bin von mehreren Seiten darauf angesprochen worden", erzählt Ortsbürgermeister Norbert Franz - und zwar von Leuten, deren Angehörige weit entfernt wohnen und keine Möglichkeit zur Grabpflege haben. "Die Leute, die mich angesprochen haben, wollen aber in Lösnich beerdigt werden", erzählt Franz. Die Gemeinde hat auf diesen Wunsch reagiert. Es gibt auf dem Friedhof noch ein leeres Feld, das genutzt werden kann. Zwei Laubbäume sollen dort gepflanzt, zwei Ruhebänke aufgestellt werden. Zudem sollen Sandsteinkreuze in eine kleine Mauer integriert werden. Die Kreuze waren Teil einer Schiefermauer, die einsturzgefährdet war und abgerissen werden musste. "Ein Friedhof ist immer noch ein Ort der Kommunikation und der Begegnung", sagt der Ortsbürgermeister. Deshalb sei ein Platz zum Innehalten wichtig. Urnengräber (200 Euro) sind in Lösnich preiswerter als die herkömmlichen Gräber. Ein Reihengrab kostet 300, ein Wahl-Einzelgrab 450 und ein Wahl-Doppelgrab 600 Euro einmalig. Auswärtige bezahlen das Doppelte. "Die Kosten sind für die Interessenten aber nicht entscheidend", sagt Norbert Franz. Ihnen gehe es darum, niemandem zur Last zu fallen. Grundsätzlich kann das Urnenfeld so gestaltet werden, dass nirgends der Name der dort Beerdigten auftaucht. Die Gemeinde überlegt aber, eine Tafel zu installieren, auf der die Namen stehen können. Dies entspricht auch dem Wunsch von Pfarrer Stephan Feldhausen. "Die Würde des Menschen ist wichtig, er darf nicht vergessen werden", sagt der katholische Seelsorger. Ob Blumen auf den Grabstätten stehen oder eine Wiese wachse, spiele dagegen keine Rolle.Interessenten schätzen Situation realistisch ein

Wie auch immer die Menschen zur Frage "Sarg oder Urne" stehen: Der Trend zur Urne wird sich noch mehr verstärken - auch der zur anonymen Urnenbestattung. "Ich habe einen Stapel von Bestattungsvorsorge-Verträgen über eine anonyme Beisetzung vorliegen", sagt Bohr. Religiöse Gründe erkennt er dabei nicht. Für den Einzelnen gibt es weder Kreuz noch Grabmal. Er sieht eher eine realistische Einschätzung der Situation. Bohr: "Die Menschen haben keine Angehörigen oder wollen ihnen wegen der Grabpflege nicht zur Last fallen." Wie sieht der letzte Weg von anonym Bestatteten in Bohrs Wirkungsbereich bisher aus? Sie werden in einem Krematorium in Dachsenhausen (Taunus) verbrannt und anschließend nebenan auf einer Wiese zur letzten Ruhe geleitet.

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