Neues Medikament für MS-Kranke

WITTLICH. Die Trierer SPD-Chefin Malu Dreyer weiß seit 15 Jahren, dass sie an Multipler Sklerose erkrankt ist. Über neueste Erkenntnisse zu dieser Krankheit referierte jetzt ein Facharzt vom Trierer Brüderkrankenhaus.

Wie Malu Dreyer es schafft, trotz MS das Amt der Ministerin für Arbeit, Soziales, Familie und Gesundheit zu bekleiden, fragen sich viele. Das Amt gebe ihr Kraft, lautet die Antwort der prominenten Kranken. Auch, wenn die Erkrankung ihr manches Mal die Schritte schwer macht: Sie lächelt und tut ihre Arbeit, wenn es sein muss, irgendwann einmal eben im Rollstuhl. Auch im evangelischen Gemeindehaus sah man es vielen nicht an, dass sie an MS leiden. Zwar bedeutet die Diagnose kein Todesurteil für die Betroffenen, doch eine Schreckensnachricht ist sie für jeden, dem sie eröffnet wird. Ab diesem Zeitpunkt entwickelt sich die Krankheit unterschiedlich: Bei manchen schleichend, bei anderen in Schüben, die mal in kurzen, mal in längeren Zeitabständen verlaufen. Manche nehmen Medikamente, wie Bernadette, die mit 25 erfuhr, dass sie MS hat. Dennoch sagt sie: "Ich war zu keiner Sekunde verzweifelt. Solange ich mit meinen Händen tun und machen kann, was ich möchte, werde ich wohl auch weiterhin damit klarkommen." Was sie am meisten belaste, sei gar nicht der Rollstuhl, sondern die Blasenschwäche, die ihre Lebensqualität deutlich mindere. So früh im Leben auf fremde Hilfe angewiesen zu sein, empfindet eine zweite Dame als schrecklich, die Ungewissheit über den weiteren individuellen Krankheitsverlauf eine dritte. "Es gibt keine behindertengerechten Küchen", wird angeprangert. Schlimm für viele: die unberechenbaren, oft starken Nebenwirkungen einzelner Präparate, die ihnen empfohlen werden. Bernadette kennt viele Leidensgenossen, die über lange Zeit weder Spritzen noch Tabletten einnehmen. "Und die leben auch." Im Endeffekt liege die Entscheidung beim Patienten selbst, weshalb Informationsveranstaltungen für Kranke unverzichtbar sind.Es gab auch Kritisches zur Pharmaindustrie

Kritisches zur Pharmaindustrie, ihren Vermarktungsmethoden und der Preispolitik war denn auch im evangelischen Gemeindesaal zu hören, in den Hermann-Josef Hauth, Vorsitzender des kreisweiten Fördervereins Multiple Sklerose eingeladen hatte. Als Vortragenden hatte er Dr. Ulrich Hofstadt van Oy gewinnen können, Facharzt in der MS-Ambulanz des Trierer Brüderkrankenhauses. Er gab einen Überblick über aktuelle Forschungserkenntnisse und Therapiemöglichkeiten. Chemische Medikamente setzen an unterschiedlichen Stellen im Ablauf der entzündlichen Reaktionen im Körper von MS-Kranken an, weshalb in manchen Fällen auch Kombinationen von Präparaten versucht werden. Hofstadt van Oy referierte besonders über das neue Medikament Tysabris. Als Begleittherapie empfahl er in jedem Fall Sport, Krankengymnastik und Entspannungsübungen. So genannte alternative Methoden verdammte er nicht: Auch ohne wissenschaftlich bewiesene Untermauerung ihrer Wirksamkeit greifen 80 Prozent aller Multiple-Sklerose-Patienten zu Naturheilmitteln, sagte der Facharzt. "Die Lebensqualität kann sehr wohl mit symptomatischen Therapien verbessert werden."

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort