Analyse Öl, Erdgas, Elektro und Co.: Heizen wird auf dem Land komplizierter

Trier · Elektro, Öl, Gas, Solar, Wärme-Pumpe: Technische Lösungen für ein warmes Zuhause gibt es reichlich und somit auch die Qual der Wahl. Wie soll im ländlichen Raum in Zukunft geheizt werden? Eine Analyse.

Öl, Erdgas, Elektro und Co.: Heizen wird auf dem Land komplizierter
Foto: obs/Andrey Popov

Wegen wirtschaftlicher Verwerfungen im Nachgang der Corona-Krise schießen die Energiepreise jetzt schon in die Höhe: Benzin, Diesel, Heizöl, Gas werden teurer. Und das ist noch nicht das Ende, denn mit einer entsprechenden Steuerpolitik sollen auch langfristig klimaschädigende Energieträger zunehmend unattraktiver gemacht werden, damit die Bürger auf CO2-neutrale Energiequellen wechseln.

Ölheizungen weit verbreitet Was bedeutet das für den ländlichen Raum? Gerade hier sind Ölheizungen weit verbreitet, weil sie nicht auf ein bestehendes Leitungsnetz angewiesen sind. Aber gerade Ölheizungen sollen nach und nach abgebaut werden. Ab 2026 soll der Einbau von neuen Ölheizungen generell nicht mehr erlaubt werden. Das Klimaschutzpaket der Bundesregierung sieht zwar Ausnahmen vor, aber für alle Hausbauer und solche, die ihre Heizung ohnehin erneuern wollen, stellt sich die Frage, womit in Zukunft geheizt werden kann.

Energetischen Zustand beachten Generell zeigt sich, dass der energetische Zustand des Hauses und seine Anschlussmöglichkeiten eine wichtige Rolle spielen. CO2-neutrale Systeme wie Luft- oder Erdwärmepumpen sind inzwischen ausgereift und werden in vielen Neubaugebieten verwendet. Sie benötigen nur einen Stromanschluss. Auch Photovoltaik wird weiter ausgebaut, sofern die Dachfläche des Hauses das zulässt.
Aber auch ein energetischer „Klassiker“ findet im Landkreis Bernkastel-Wittlich immer mehr Verwendung. Die Stadtwerke Trier betreiben dort ein Leitungsnetz. Wie Sprecher Carsten Grasmück erklärt, sind Wittlich, Wengerohr, Bombogen und Neuerburg seit vielen Jahren mit Erdgas erschlossen. Auch Bernkastel, Wehlen und Zeltingen-Rachtig wurden in den letzten Jahren mit Erdgasinfrastruktur erschlossen.

Gasnetz ausgeweitet Und das Netz wurde sogar ausgeweitet: „Ab diesem Winter heizen in Traben-Trarbach die ersten Anlieger mit Erdgas. Dort hat die Stadt Ende 2018 einen Konzessionsvertrag mit uns geschlossen und damit die Voraussetzung für die Neuerschließung des Mosel-Ortes geschaffen. Die neue Leitung bietet den Menschen vor Ort nicht nur eine attraktive Alternative zum klassischen Heizöl, sondern auch eine Möglichkeit, um Umweltschäden durch Öltanks bei Hochwasser zu vermeiden“, erkärt Grasmück.

Neues Netz für Traben-Trarbach Die Bauarbeiten erfolgten dabei in Abstimmung mit den Werken der Verbandsgemeinde Traben-Trarbach, die im Zug des Projekts zudem eine Wasserversorgungsleitung mitgebaut haben. Grasmück: „Insgesamt versorgen wir im Landkreis Bernkastel-Wittlich rund 4800 Liegenschaften mit Erdgas.“ Dabei sei das Gas sogar umweltverträglich, denn seit Mitte 2020 erzeugen die Stadtwerke mit einer Biogasaufbereitungsanlage am Flugplatz in Bitburg Bio-Erdgas.

Aber auch Grasmück räumt ein: „Nichtsdestotrotz stehen wir aktuell vor der Frage, wie die „Heizung der Zukunft“ aussieht.“ Während die Energieträger knapp und teuer werden, zeige sich aber, dass die Gebäude immer besser gedämmt seien. Teilweise kommen sie sogar ohne externe Energie aus.

Vor dieser Perspektive bedeutet das aber auch, dass die Gasversorgung im ländlichen Raum nicht weiter vorangetrieben wird. Grasmück: „Vor diesem Hintergrund wäre der Aufbau einer flächendeckenden Erdgasversorgung aus unserer Sicht nicht sinnvoll. Es gilt vielmehr passende lokale Lösungen zu finden, die je nach Gebäudestruktur und Energiebedarf die Anforderungen an Wirtschaftlichkeit und Klimaschutz bestmöglich erfüllen.“

Grasmück verweist auf weitere vielfältige Lösungsansätze: Von der klassischen Brennwertheizung mit (Bio-)Erdgas über Wärmepumpen bis hin zu Wärmenetzen.

Renaissance der Elektroheizung Aber auch das direkte Heizen mit Elektroenergie erfährt wieder eine Renaissance. Die alten Nachtspeichersysteme der 1960er Jahre sind inzwischen Geschichte, sie galten als infeffizient und wurden schon in den 1970er Jahren von der Zentralheizung abgelöst.

Mittlerweile gibt es jedoch neue Elektroheizsysteme, die mit wenig Platz auskommen und effizienter sind. Architekt Dirk Schneider aus Kastellaun plant derzeit die Kernsanierung des alten Krankenhauses in Traben-Trarbach, das in ein Mehrparteienwohnhaus umgebaut wird. In der Konzeption sind flache Elektroheizungen vorgesehen, die wie normale Heizkörper an den Wänden installiert werden. „Wir bauen dort ein sehr gut gedämmtes Haus, in dem sowieso nicht mehr so viel geheizt werden muss. Da reicht eine Elektroheizung aus, zumal man bei einem Neubau nicht mehr auf Öl setzen kann,“ sagt Schneider.

Zwar sei der Energieträger verhältnismäßig teuer, aber durch die gute Dämmung sei wenig Energie nötig, so dass sich das wiederum ausgleiche. „Bei guter Dämmung relativiert sich das ganze wieder,“ sagt Schneider.

Kein Patentrezept Es zeigt sich: Ein Patentrezept für Heizprobleme wird es in Zukunft auch auf dem Land nicht mehr geben. In den Regionen, die ans Erdgasnetz angeschlossen sind, werden Gasthermen und Brennwertthermen weiterhin sinnvolle Heizsysteme bleiben.

Es lohnt sich auf jeden Fall bei Neubauten die Energetik des Hauses zu prüfen, denn je nach Wärmedämmwert bieten sich unterschiedliche Wärme-Systeme an. Auch auf dem Land, wo kein flächendeckendes Gasnetz wie in der Stadt verfügbar ist, wird man in Zukunft nicht in kalten Häusern überwintern müssen. Aber in Zukunft wird kein Eigentümer darum herumkommen, sich intensiv mit den verfügbaren Heizsystemen auseinanderzusetzen, um das für seine individuelle Situation passende Konzept zu finden.

Und nicht zuletzt gibt es ja auch noch die gute alte Kaminheizung, die noch lange nicht ausgedient hat - sofern der Ofen den neuen Emissionsanforderungen entspricht und ausreichend Brennholz verfügbar ist.

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