Ohne Wurzel keine Flügel

Klausen · Seine ruhige und kluge Art zu sprechen kommt bei einem Millionenpublikum gut an. Jetzt besuchte der Benediktinerpater Anselm Grün den Wallfahrtsort Klausen und nahm das Thema "Wurzeln" in den Blick. Von Klausen ging es gleich weiter nach Bitburg zum Eifel-Literaturfestival, wo 850 Menschen auf ihn warteten.

 Anselm Grün stellt in Klausen die Thesen seines Buchs „Wurzeln, festen Halt im Leben finden“ vor. TV-Foto: Christina Bents

Anselm Grün stellt in Klausen die Thesen seines Buchs „Wurzeln, festen Halt im Leben finden“ vor. TV-Foto: Christina Bents

Foto: Christina Bents (chb) ("TV-Upload Bents"

Klausen. Ein Benediktinerpater, man sieht es an seiner schwarzen Kutte, sitzt an einem Tisch am Ende des Gangs, vor der Empore der Wallfahrtskirche. Es ist Pater Anselm Grün mit seinem langen, weißen Bart und den kleinen, wachen Augen. Der Pater ist einer der meistgelesenen Autoren der Gegenwart, seine Bücher wurden in mehr als 30 Sprachen übersetzt.
Während er in Klausen geduldig seine Bücher für die Besucher signiert, klingt die Orgel dezent im Hintergrund, und die Zuhörer gehen zu ihren Plätzen. Auch der Altar ist zur Seite gerückt worden für die vielen Besucher.
Nach einer kurzen Begrüßung durch den Klausener Pater Albert Seul begibt sich der 71-jährige Grün zum Ambo, um vor dort zu sprechen. "Wurzeln" sind sein Thema am heutigen Nachmittag. Für ihn sind Wurzeln so wichtig, weil sie Halt gäben und eine heilende Wirkung hätten. "Woraus lebe ich?", fragt er und zitiert aus dem Alten Testament über den abgebrochenen Baumstumpf, aus dem eine Wurzel hervor schaut. "Wenn die Wurzel stark genug ist, kann daraus Neues wachsen", meint er und zieht eine Parallele zu Lebenssituationen, in denen Menschen gebrochen sind und ihre Wurzeln, das Elternhaus und der Glaube beispielsweise, ihnen Kraft geben.
Der Perfektion stellt Grün ein Bild aus der Bibel entgegen, bei dem Weizen gesät wird, zwischen dem aber auch Unkraut wächst. "Wenn man das Unkraut entfernt, zieht man auch den Weizen mit raus". Weiter erklärt er: "In uns sind auch negative Emotionen, die man wahrnehmen muss, auch aus ihnen kann Kraft und Leidenschaft erwachsen. Denn bei allem was man Gutes tut, sind auch egoistische Motive dabei."
Manchmal sei es auch wichtig, die Wurzeln zu reinigen, dazu gibt es laut Grün verschiedene Wege. Zum Beispiel, sie zu kappen. "Denn ohne Wurzeln keine Flügel", sagt Grün. Einen weiteren Weg zu seinen eigenen Wurzeln zu kommen, sieht der Autor darin, das verletzte Kind in sich zu umarmen und den eigenen Raum der Stille, den jeder in sich trägt, zu finden. Denn dort sei man frei von den eigenen und den Ansprüchen anderer. Den Abschluss seines rund einstündigen Vortrags macht ein Ritual, bei dem alle Besucher aufgestanden sind, die Hände über der Brust kreuzen und versuchen, in ihren inneren Raum der Stille zu gelangen.
Vielen der Gäste hat der Nachmittag gut gefallen. Peter Wall aus Lieser: "Ich würde ihn auch ein zweites Mal hören, er hat mich beeindruckt. Ich brauche aber noch Zeit, um das, was er gesagt hat, zu verinnerlichen."
Nach weiteren Buchsignaturen fährt Pater Anselm Grün in seinem Golf weiter nach Bitburg, wo ihn am Abend 850 Menschen im Rahmen des Eifel-Literaturfestivals zum Thema "Verschenke nicht dein Leben"erwarten. chb

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort