Opfern ein Gesicht geben

Thalfang · Am 21. Oktober lässt der Arbeitskreis Jüdisches Leben in Thalfang im Ort 21 Stolpersteine verlegen, die an die Deportation und Ermordung von jüdischen Bürgern aus Thalfang erinnern. Zusätzlich dokumentieren eine Ausstellung im Haus der Begegnung sowie ein Buch von Elmar Ittenbach die Geschichte der Thalfanger Juden.

 Namenslisten, Karten und alte Fotos: Frank Hürtgen (links) und Elmar Ittenbach besprechen die letzten Planungen für das Buch über jüdisches Leben in Thalfang. TV-Foto: David Zapp

Namenslisten, Karten und alte Fotos: Frank Hürtgen (links) und Elmar Ittenbach besprechen die letzten Planungen für das Buch über jüdisches Leben in Thalfang. TV-Foto: David Zapp

Thalfang. Immer mehr Städte und Gemeinden arbeiten die wechselvolle Geschichte ihrer jüdischen Mitbewohner auf, die oftmals in den Vernichtungslagern der Nazis ein grausames Ende fanden. Allerorten werden Stolpersteine in Gehsteige verlegt, auf denen die Namen ehemaliger jüdischer Mitbürger eingraviert sind, um ihrer Vertreibung und Ermordung in den Vernichtungslagern durch das Hitlerregime zu gedenken. Auch in Thalfang erinnert man sich an die jüdischen Mitbürger.
21 dieser Stolpersteine des Kölner Künstlers Gunter Demnig lässt der Arbeitskreis Jüdisches Leben in Thalfang am kommenden Freitag, 21. Oktober, ab 13.30 Uhr an acht verschiedenen Stellen im Ort verlegen. Auf den Betonquadern mit Messingplatte ist beispielsweise zu lesen:
"Hier wohnte Isidor Lazarus/Jahrgang 1865/Deportiert 1942 nach Theresienstadt/Ermordet 19.9. 1942 in Treblinka". Dazu wird Rabbiner Davidson aus Kaiserslautern das Kaddisch, ein jüdisches Totengebet, sprechen. Im Anschluss ist gegen 15 Uhr ein feierlicher Festakt mit Liedern und Gedichten im Haus der Begegnung vorgesehen, wo eine Ausstellung Jüdisches Leben in Thalfang eröffnet wird. Die Dokumentation ist von Schülern der Klasse 10 der Erbeskopf-Realschule plus ausgearbeitet worden. "Der 21. Oktober ist ein historischer Tag", sagt Frank Hürtgen vom Arbeitskreis Jüdisches Leben in Thalfang, "da geben wir den Opfern ihren Namen zurück." Hintergrund: Am 16. Oktober 1941 verließ der erste Deportationstransport mit Juden aus Thalfang und Talling die Hauptstadt Berlin mit Zielort Lodz in Polen - ins KZ-Sammellager "Ghetto Litzmannstadt". 1942 verschleppen die Nazis schließlich den größten Teil der Thalfanger Juden nach Auschwitz, Theresienstadt, Minsk und Riga.
17-Jährige stirbt in Auschwitz


In seinem Buch "Jüdisches Leben in Thalfang" hat der Thalfanger Lehrer im Ruhestand und Autor Elmar Ittenbach die letzte Reise von Juden des Ortes recherchiert und aufgelistet. So auch die Deportation von Leonore Koschelnik. Das 17-jährige Mädchen wird am 14. Dezember 1942 mit dem "25. Osttransport" zusammen mit 814 anderen von Berlin direkt ins Vernichtungslager nach Auschwitz gebracht. Im Februar 1943 stirbt dort der Letzte der 815 verschleppten Juden. So wie Leonore Koschelnik will der Arbeitskreis auch den anderen Thalfanger Juden ein Gesicht und ihren Namen zurückgeben.
Recherche im Internet



Ittenbach hat mit seinem Werk, das bei der Gedenkfeier vorgestellt wird, das Buch "Beiträge zur Geschichte der Juden in Thalfang" von Hilde Weirich und Pfarrer Winfried Krauses Buch aus dem Jahr 1995 aktualisiert und ergänzt. Sein größtes Hilfsmittel war in den letzten Monaten der Computer.
Via Internet recherchierte er unter anderem in den Archiven des NS-Dokumentationszentrums in Köln, der Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem in Jerusalem oder des polnischen Staatsarchivs in Lodz.
Die Schicksale von rund 70 Juden aus Thalfang hat Ittenbach bislang zurückverfolgt. "Es werden bestimmt noch mehr auftauchen, da noch nicht alle Schicksale geklärt sind", sagt Ittenbach. Auf 160 Seiten mit historischen Aufnahmen hat er 250 Jahre jüdisches Leben in Thalfang auf den neuesten Stand gebracht. Das Buch erscheint im Paulinus Verlag.Extra

1730: Beleg für einen jüdischen Friedhof. 1788: Elf jüdische Familien leben im Amt Tronecken. 1822: Bau der Synagoge. 1844: 23 Prozent der Thalfanger sind jüdischen Glaubens. 1925: Anteil jüdischer Bevölkerung in Thalfang unter neun Prozent. 1933: Noch 37 jüdische Bürger in Thalfang. 1941: Erste Deportation eines Thalfanger Juden nach Lodz in Polen. 2009: In Talling werden vier Stolpersteine verlegt. 2010: Gedenktafel wird am früheren Standort der Synagoge in Thalfang errichtet. zad

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