Ortega und Dornfelder

José Ortega y Gasset war ein großer spanischer Philosoph des vergangenen Jahrhunderts. Ihm zu Ehren wurde eine Rebsorte benannt: Ortega. Neuzüchtungen wie die Ortega waren in den 60er-Jahren auch an der Mosel in.

Bacchus, Optima, Huxelrebe und andere Sorten wurden angepflanzt. Gelegentlich musste sogar der Riesling weichen. Damals wollte man nur eines: Spätlese - in möglichst großen Mengen. Die süße (und billige) Spätlese-Welle ist zum Glück abgeebbt. Spätlese allein ist kein Qualitätskriterium. Das haben zum Glück viele Verbraucher erkannt. Vieles hätte man sich ersparen können, wenn allein dem Riesling die Prädikate Spät- und Auslese vorbehalten wären. Man kann es übrigens immer noch tun. Die Neuzüchtungen von damals sind heute an der Mosel weitgehend vergessen. Dafür hat eine andere Neuzüchtung umso mehr Erfolg: der Dornfelder. Mit ihm will man keine Massen an Spätlesen erzeugen, sondern möglichst große Mengen an Rotwein. Die Dornfelder-Rebfläche an der Mosel hat in den vergangenen Jahren stark zugenommen. Doch Vorsicht ist geboten: Rotwein zu erzeugen, nur weil der gerade beliebt ist, ist der falsche Weg. In den großen Anbaugebieten Pfalz und Rheinhessen, wo der Dornfelder zur zweitwichtigsten Rebsorte aufgestiegen ist, sind die Erzeugerpreise nach einem phänomenalen Hoch dramatisch eingebrochen. An der Mosel sind die Mengen zwar wesentlich geringer, doch eine echte "Rarität" ist der Mosel-Dornfelder auch nicht mehr. Vor allem stimmt es mit der Qualität nicht immer. Die Farbe und ein gerbstoffbetonter Geschmack machen noch keinen guten Rotwein. Deshalb: Dornfelder an der Mosel ja, aber nur, wenn er in geringsten Mengen angeboten wird, und nur wenn er auch wie Rotwein schmeckt. Winfried Simon

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