Per Bollerwagen auf Spendenfang

HORATH. Aller Anfang ist schwer. Zwei Horather Musiker-Urgesteine wissen dazu mehr als eine Geschichte zu erzählen.

Noch heute sieht sich Heinz Alt, wie er als 16-Jähriger mit anderen Horather Musikbegeisterten samt Bollerwagen durchs Dorf gezogen ist. Irgendwie musste ja Geld für den Kauf von Instrumenten für die Feuerwehrkapelle in die Kasse kommen. Wer keines hatte oder es nicht rausrücken wollte, konnte daher seinen Obolus in Naturalien, sprich Getreide, beisteuern. "Die Leute haben doch lieber einen halben Zentner Frucht gegeben als Geld", bestätigt Alfred Martini, wie Alt aktives Gründungsmitglied des vor 50 Jahren ins Leben gerufenen Musikvereins Horath. Mancher habe gleich ein ganzes Fass Getreide gespendet, erinnert sich Martini. Im Morbacher Raiffeisenlager tauschten sie ihre Bollerwagenladungen dann in bare Münze - was aber einschließlich eines Zuschusses der Gemeinde kaum gereicht hätte, einer Kapelle in die Gänge zu helfen. Also wagten die musikalischen Feuerwehrmänner neue Wege. "Wir haben Theater gespielt - in der ganzen Gegend", erzählt der 72-Jährige Martini, der damals mit auf der Bühne stand. Sie traten im Nachbardorf Haag auf und fuhren per Bus zu Gastspielen nach Wintrich und Heinzerath. Allerdings "mit mäßigem Erfolg", findet Alt, der auch in der aktuellen Theatergruppe des Musikvereins schauspielert. Selbstkritisch blicken beide auch auf den ersten Auftritt der Kapelle außerhalb des Dorfes zurück. Den meisten Zaungästen beim Kempfelder Kreisfeuerwehrfest sei zum Glück ja nicht aufgefallen, dass sie immer das gleiche Stück, den Schwalbenmarsch, spielten. Doch einer aus der Gruppe, die vor ihnen durch den Ort zog, habe sich irgendwann umgedreht und gebeten: "Legt doch mal eine andere Platte auf." Das war ihnen nach einem halben Jahr Proben aber nicht möglich. Viele Aktivitäten wurden auch im Bild festgehalten

Nur zu kirchlichen Anlässen konnten sie nach ihrem Debüt am Weißen Sonntag 1957 bereits ein größeres Repertoire aufweisen. Bei ihrem ersten Auftritt mussten sie noch musizierend zum Friedhof hinauf schreiten. Das vermeiden sie heute: Kostet es doch sehr viel weniger Puste, die Kirchgänger oben vor dem Kirchenportal mit Musik zu empfangen. Plagen mussten sich die Musiker der ersten Stunden eh genug. Denn weil sie sich anfangs keinen eigenen Dirigenten leisten konnten, waren sie froh, in dem Haager Johann Schemer einen gefunden zu haben, den sie mit ihrer Arbeitskraft bezahlen konnten: Im Gegenzug für die kostenlosen Proben standen sie parat, wenn der "Hannes" Hilfe beim Säen, Mähen, Kartoffelnausmachen oder Jaucheausfahren brauchte. Alt, heute 66, war dann meistens einer der ersten vor Ort. Aber nicht etwa aus Übereifer, sondern "weil mein Vater der Wehrführer war", erklärt der Sohn von Johann Alt, dem ersten Vorsitzenden der Kapelle. "Wir zwei waren diejenigen, die Schemers Zehnerreihe besser kannten als er selbst." Der "Hannes" habe sich dafür aber erkenntlich gezeigt, indem er des öfteren Schinken und Bier auf den Tisch gestellt habe. Der Einsatz der Musiker hatte erst 1977 ein Ende, als Erwin Nehren als Dirigent nachrückte. Der Horather, lange Jahre auch Vereinsvorsitzender, sorgte zudem als Hobbyfotograf dafür, dass viele Aktivitäten der Musiker nicht nur in der Erinnerung leben, sondern auch im Bild festgehalten wurden.

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