Per Lift zum Lokal unter der Brücke

Bernkastel-Kues · Wie gestaltet sich der Tourismus, wenn der Hochmoselübergang fertig ist. Darüber macht sich eine Expertengruppe Gedanken. Auch die Brückengegner sagen: Wenn sie schon kommt, muss sie auch vermarktet werden.

Bernkastel-Kues. Begehbare Pfeiler, eine Aussichtsplattform, ein unter dem Bauwerk angebrachtes und mit einem Aufzug erreichbares Restaurant. Den Fantasien für eine zusätzliche Nutzung des Hochmoselübergangs sind erst einmal keine Grenzen gesetzt. Das Interessante dabei: Sie kommen nicht nur von den Befürwortern der B 50 neu (inklusive des Hochmoselübergangs zwischen Ürzig und Zeltingen-Rachtig), sondern auch von den Gegnern.
Sie ziehen sich nicht in den Schmollwinkel zurück. Sie wollen weiter ihren Protest äußern, aber gleichzeitig mithelfen, touristische Perspektiven zu entwickeln, die vor allem den sechs unmittelbar im Moseltal betroffenen Orten (Zeltingen-Rachtig, Ürzig, Lösnich, Erden, Graach, Bernkastel-Kues) zugutekommen sollen.
Tenor bei der Auftaktveranstaltung "Hochmoselübergang - Chancen und Risiken für den Tourismus" in der Güterhalle in Kues: Die Brücke muss mehr sein als ein profaner Verkehrsübergang. Sie muss sich als Erlebnis ort präsentieren.
"Wenn wir zusammenstehen, ist da was drin. Das ist man der Region schuldig", forderte Elisabeth Reis (Bürgerinitiative Pro Mosel) mit Blick auf die Politik "Ich liebe diese Gegend. Ich will hier weiter leben", sagte Hotelier Markus Reis (Zeltingen-Rachtig). Auf dem Graacher Berg beispielsweise weiche viel Natur der neuen Straße. Dafür müsse es auf oder unter der Brücke einen Ausgleich geben. "Wenn einem ein Stück Herz herausgeschnitten wird, muss ein gutes Implantat her", forderte er.
Ein zu einer Plattform führender Lift wäre für seinen Kollegen Manfred Schmitz ein Ersatz. "Ein Eiffelturm der Mosel", sagt er. Wie andere Leute, befürwortet auch Schmitz eine illuminierte Brücke. "Wir müssen alle darüber nachdenken, welche Möglichkeiten es gibt. Das wird dann gebündelt. Und dann müssen uns die Politiker helfen", sagte der Bernkastel-Kueser Stadtbürgermeister Wolfgang Port.
Professor Dr. Knut Scherhag und die drei Studentinnen Katharina Langosch, Stephanie Schreiber und Berenice Pardo wollen in den nächsten Wochen noch viele Wünsche und Visionen hören. Die Studentinnen der Fachhochschule Worms (Studiengang Tourismus) und ihr Professor beschäftigen sich seit März mit dem Thema und erarbeiten mit den Ortsbürgermeistern der betroffenen Gemeinden, Touristikfachleuten und Hoteliers einen Katalog. Dieser soll im Juli der Öffentlichkeit präsentiert werden.
Die Region hat bereits vieles zu bieten. Eineinhalb Stunden benötigten die Studentinnen für die Beschreibung des Ist-Zustandes. Und obwohl vielen der etwa 100 Zuhörer das meiste nicht unbekannt sein dürfte, lauschten sie interessiert.
Der Blick von außen tut einer Region ja manchmal auch gut. So monierten die drei Studentinnen, dass es in manchen Hotels einen Investitionsstau gebe und auch die Qualität zu wünschen übrig lasse. Auch fehle es an genügend Angeboten für Familien und jüngere Leute. "Vereinzelt gibt es immer noch Kirchturmdenken", sagten sie. Gefallen hat es den Studentinnen bei ihren Studien an der Mosel aber trotzdem. Mehrfach hoben sie die Gastfreundschaft der Moselaner hervor.Meinung

Zukunft eint Gegner und Befürworter
Freunde werden die Befürworter und Gegner des Hochmoselübergangs sicher nicht mehr. Dass sie nun aber versuchen, gemeinsam die Zukunft anzugehen, ist ein ermutigendes Zeichen. Und sie sollen sich ruhig mit auf den ersten Blick absurden Ideen melden. Mehr als abgelehnt werden können sie nicht. Aber vielleicht haben die Politiker in Bund und Land ja auch ein offenes Ohr für diese neue Allianz. In der Pflicht, den Menschen in diesem Teil des Moseltales etwas Gutes zu tun, sind sie sowieso. Die Brücke wird kommen. Daran gibt es nach der Vereinbarung zwischen SPD und Grünen keinen Zweifel. Wenn sich die Region jetzt einig ist, kann sie vielleicht einen Nutzen ziehen, an den derzeit niemand denkt. Eines haben die drei Studentinnen den Moselanern schon gezeigt. Sie leben in einer besonderen Landschaft. Das Trio müsste vom Fleck weg engagiert werden. Es könnte abseits des Tales bester Botschafter der Region sein. c.beckmann@volksfreund.de

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