Perspektivlos und ohne Kontrolle

WITTLICH. (mai) wegen einer Körperverletzungsattacke an Fastnacht standen acht Jugendliche vor Gericht. Der Hauptakteur wurde zu einem Jahr und zehn Monaten mit der Möglichkeit auf Bewährung verurteilt.

In der Verhandlung beim Amtsgericht Wittlich ging es um einen Zwischenfall, der sich an Fastnacht ereignet hatte. Laut Richter Josef Thul hatte damals eine Gruppe von Wittlicher Jugendlichen zwischen 14 und 17 Jahren zwei junge Männer, die fünf bis sechs Jahre älter waren, angegriffen. Die Jugendlichen hätten sich vor den Männern aufgebaut und unvermittelt habe einer der beiden einen Schlag ins Gesicht bekommen. Ein blaues Auge war die Folge. Doch das war, wenn es auch die einzige größere Verletzung blieb, nicht der einzige Angriff. Zwei Jugendliche wurden nun vom Gericht wegen gefährlicher Körperverletzung - Juristen sprechen davon, wenn zwei Angreifer auf einen einschlagen - verurteilt. Einer der beiden war bereits mehrfach auffällig geworden, was ihm eine Jugendstrafe auf Bewährung eingebracht hatte. Thul: "Die Frage war nun, sollen wir dem 16-Jährigen noch eine Chance geben?" Der Jugendliche habe einen schwierigen familiäreren Hintergrund. Die Familie mit sechs Kindern, deren Nationalität unklar ist, verfüge nur über eine eingeschränkte Aufenthaltsberechtigung und lebe auch nicht zusammen. Das Problem des Jugendlichen sei, dass er mit gewissen Herausforderungen nicht umgehen könne. Er schlage immer sofort zu oder beauftrage andere damit. Außerdem könne er an keinem Handy vorbeigehen. Diese stehle er zum eigenen Gebrauch oder verkaufe sie."Verzweifelter Integrationsversuch"

Dennoch entschied das Gericht, dem 16-Jährigen noch eine Chance zu geben. Thul nannte es, einen verzweifelten Versuch, doch noch die Integration zu schaffen. Der Angeklagte wurde zu einer Jugendstrafe von einem Jahr und zehn Monaten mit der Möglichkeit der Bewährung verurteilt. Die Möglichkeit der Bewährung räumt das Jugendstrafrecht ein. Es bedeutet in diesem Fall: Zehn Monate lang steht der Jugendliche unter besonderer Beobachtung. Schafft er diese Zeit der Vorbewährung ohne weitere Zwischenfälle, kann er die gesamte Strafe zur Bewährung aussetzen. Schafft er dies nicht, muss er ins Gefängnis. Der 16-Jährige, der von der achten Klasse abgegangen war, soll zudem die Berufsbildende Schule besuchen. Ein Erziehungsbeistand und ein Bewährungshelfer werden ihm zur Seite gestellt. Der zweite Jugendliche, der wegen schwerer Körperverletzung verurteilt wurde, bekam eine Arbeitsauflage von 60 Stunden und wurde ebenfalls angewiesen, die Berufsbildende Schule regelmäßig zu besuchen. Von den übrigen sechs Jugendlichen, die vor Gericht standen, wurde einer freigesprochen. Gegen die anderen wurde das Verfahren eingestellt oder sie wurden wegen anderer Straftaten zu Arbeitsauflagen und der Weisung, die Berufsschule zu besuchen, verurteilt. Für Richter Thul war das gesamte Verfahren nicht ganz ungewöhnlich. Es gebe in Wittlich eine nicht zu unterschätzende Gruppe von Jugendlichen, die wegen schlechter Leistungen in die Schule nicht eingebunden seien und die auch zu Hause keine Kontrolle erfahren würden. Diese Jugendlichen würden regelmäßig am Busbahnhof oder anderswo abhängen und hätten keine Perspektive. Straftaten gehörten bei ihnen zum Alltag. Oft spielten auch Alkohol und Drogen in diesen Kreisen eine Rolle.

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