Porträt Philipp Vitkov „Dirigieren ist mehr, als nur den Taktstock zu heben“: Junger Pianist aus Longkamp will nun auch Orchester leiten

Longkamp · Philipp Vitkov ist begnadeter Pianist. Dem 25-Jährigen war das Klavierspiel aber nicht genug. Nun ist der Longkamper im zweiten Jahr seines Dirigier-Studiums. Was er in Aachen vorhat und warum ein Dirigent unbedingt reden muss, hat er dem TV erzählt.

Pianist Philipp Vitkov ist bereits als Kind und Jugendlicher aufgetreten und hat Preise gewonnen. Der Longkamper hat nun neue Pläne in Köln und Aachen.

Pianist Philipp Vitkov ist bereits als Kind und Jugendlicher aufgetreten und hat Preise gewonnen. Der Longkamper hat nun neue Pläne in Köln und Aachen.

Foto: TV/Steffi Ratzke

Mit vier Jahren hat er zum ersten Mal Klavier gespielt. Mit sechs Jahren wusste er: Das sollte sein Beruf werden. Philipp Vitkov ist tatsächlich Pianist geworden. „Zwischendurch wollte ich mal Polizist werden”, sagt der 25-Jährige. „Aber nur kurz.”

Mittlerweile hat er sein Klavierstudium an der Musikhochschule Köln abgeschlossen. Als er mit dem Bachelor fertig war, fühlte er, dass er noch etwas anderes machen wollte. Er hatte auch eine Idee: Dirigieren. Also hat Philipp Vitkov sich bei einem seiner Professoren Rat geholt. „Ich wollte wissen, ob ich die musikalischen und menschlichen Voraussetzungen zum Dirigieren habe“, sagt er. Die hatte er, das hat sich schnell herausgestellt. Seit einem Jahr studiert er nun Dirigieren an der Musikhochschule Köln, auf dem Campus in Aachen.

Warum die Nachbarn von Philip Vitkov auch schon mal genervt waren

Geboren ist Philip Vitkov in Donetsk in der Ukraine. Mit zwei Jahren ist er mit seinen Eltern nach Deutschland gekommen. Zuerst hat die Familie in Traben-Trarbach gewohnt, später in Longkamp. „Mit einem Kind, das Klavier spielt, war es für meine Eltern nicht immer leicht. Für die Nachbarn auch nicht“, sagt Vitkov. Er habe natürlich nur zu regulären Zeiten gespielt, trotzdem habe es schon ab und zu Beschwerden gegeben. In seinem Elternhaus in Longkamp steht immer noch sein Flügel. „Den habe ich rauf und runter gespielt“, sagt Vitkov. Auch heute spielt er den Flügel, wenn er bei seinen Eltern zu Besuch ist. „Wir sind keine musikalische Familie im engen Sinn“, sagt Vitkov. „Aber wir haben uns immer gemeinsam eingearbeitet. Meine Eltern haben mir immer die neusten Aufnahmen besorgt, und wir haben gemeinsam wichtige Bücher gelesen.“

Warum Dirigenten immer Entscheidungen treffen müssen

Wer Dirigieren studiert, hat ohnehin schon Ahnung von Musik. Vom Blatt zu spielen, Musiktheorie und Gesang lernen Dirigier-Studenten während ihres Studiums. Klavierauszugsspiel (wie man aus einer Partitur für Orchester eine Fassung fürs Klavier erstellt) und Partiturspiel (die wesentlichen Teile einer Partitur auf dem Klavier spielen) stehen auf dem Lehrplan. Philipp Vitkov lernt das alles. Trotzdem: „Dirigenten müssen lernen, wie sie Entscheidungen treffen. Das ist das Wichtigste. Natürlich: Die Noten stehen in der Partitur. Trotzdem muss der Dirigent ständig entscheiden. Welche Partie muss wie gespielt werden? Welcher Musiker im Orchester muss lauter oder leiser spielen?“ Man müsse sich da zum Teil auf die Erfahrung der Orchestermusiker verlassen. Es sind Musiker dabei, die bereits länger im Orchester spielen, als Philipp Vitkov auf der Welt ist, vielleicht sogar schon unter der Leitung von Herbert von Karajan oder anderen bekannten Dirigenten. Davon dürfe man sich nicht einschüchtern lassen. Sich selbst zu vertrauen, wenn man noch jung ist, muss gelernt werden – und auch, wie man schließlich seine Entscheidung richtig erklärt.

Warum dirigieren mehr ist, als nur den Takt anzugeben

Mit Musikern kommuniziert der Philipp Vitkov ganz anders als mit anderen Menschen, sagt er. „Musiker sind sehr sensibel. Man vibriert auf einer anderen Ebene miteinander.“ Das ist vor allem beim Dirigieren wichtig. Denn: „Man dirigiert nicht nur mit dem Taktstock, sondern mit Gesten und Mimik. Ich will nicht nur den Takt angeben, sondern eine Atmosphäre mit der Musik schaffen.“ Das, sagt der Pianist, mache einen guten Dirigenten aus. Außerdem wichtig: Hintergrundwissen. Wer Figaros Hochzeit dirigiert, muss wissen, vor welchem historischen Hintergrund die Oper entstanden ist. „Dann kann man entscheiden, wie sie gespielt werden soll.“

Hat Philipp Vitkov einen Lieblingskomponisten?

Als Kind und Jugendlicher hat Vitkov oft die Schule gewechselt. Unter anderem hat er das Musik-Gymnasium in Montabaur besucht und ein Internat, ein Musik-Gymnasium in Weimar. Schließlich war er als Jungstudent an der HfMDK, der Hochschule für Musik und Darstellende Kunst in Frankfurt. Als Jungstudent hat er 2015 sein Abitur gemacht, und anschließend an der Kölner Musikhochschule studiert. Damals, sagt er, habe er einige Komponisten vergöttert. „Mittlerweile bin ich nicht mehr kategorisch. Es gibt so viele Werke, die meine Seele berühren – je nachdem, was gerade in meinem Leben passiert. Beethoven, Schubert, Wagner, Mozart, Bruckner… aber es ist ja alles miteinander verwoben.“ Mahler habe Bruckner verehrt, Bruckner Wagner, und der wiederum Beethoven.

Was Vitkov durch die vielen Schulwechsel gelernt hat

Trotz der vielen Wechsel erinnert Philipp Vitkov sich mit viel Wärme an seine Schulzeit. „Durch die Schulwechsel habe ich Flexibilität und Selbstständigkeit gelernt.“ Und Kommunikation. An den unterschiedlichen Schulen hatte er bei etlichen Klavierlehrern Unterricht. Selbst während des Studiums lernt er bei verschiedenen Klavierlehrern und Professoren. Es reiche nicht, sich einen guten Prof zu suchen – man müsse zueinander passen. Von jedem könne man etwas anderes lernen. Dann könne man sich musikalisch und menschlich weiterentwickeln. Wer viele Leute kenne, lerne, besser zu kommunizieren.

Wie wichtig das in der Musikbranche ist, merkt er gerade: Neben dem Studium arbeitet Philipp Vitkov als Dramaturgie-Assistent am Theater in Aachen. Dort gründet er auch ein eigenes Kammerorchester. Werke von Mozart, Tschaikowsky, Strauss und Beethoven soll das Ensemble spielen. „Ich organisiere alles, auch die Finanzierung.“ Wenn es schwierig wird, muss es trotzdem weitergehen. Und wenn man sich nicht einig ist, muss man den Weg wieder zueinander finden. Da ist ihm die Erfahrung, die er mit seinen Klavierlehrern und bei seinen vielen Schulwechseln gesammelt hat, schon gelegen gekommen.

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