Platz für Menschenwürde hinter Mauern

WITTLICH. Die geplante Erweiterung der Justizvollzugsanstalt (JVA) Wittlich war zentrales Thema der Einwohnerversammlung im St. Markushaus in Wittlich. JVA-Leiter Franz Kohlhaas erklärte die Hintergründe des Bauprojekts, das ein neues Kapitel in der 103-jährigen Geschichte der JVA einleiten soll.

Zwischen den Achsen Fallerweg und Trierer Landstraße Richtung Friedhof soll das Wittlicher "Kittchen" wachsen und zum größten JVA-Standort im Land werden. Die Pläne wurden den etwa 80 Besuchern der Einwohnerversammlung vorgestellt. Sie erhielten exklusiv mehr Einblick in die JVA als das naturgemäß nach den Bauarbeiten möglich sein wird. "Die Erweiterung wird von außen kaum einsehbar landschaftlich in eine Mulde eingebunden", sagte Ministerialrat Klaus Gutmann, vom Justizministerium.Kein "Hotelvollzug"

Vom geplanten Fußweg - von vielen Wittlichern gewünscht - vom Fallerweg zum Friedhof entlang am zukünftigen Zaun, der einer Fünf-Meter-Mauer vorgelagert sein wird, sei höchstens noch das Dach der neuen Anlage sichtbar. Klaus Marx vom Landesbetrieb Liegenschafts- und Baubetreuung in Trier gab eine Übersicht über das Projekt. Dort, wo sich jetzt noch gärtnerisch bewirtschaftete Flächen an das JVA-Gelände anschließen, soll die neue Anlage entstehen. Zur Trierer Landstraße hin wird dem künftigen Hauptzugang nebst Mauer ein begrünter Parkplatz vorgelagert. Dort sollen auch in einem Verkaufslädchen Produkte Platz finden, die in der JVA hergestellt werden. Dahinter schließt sich die Mauer mit dem Pfortengebäude an, von dem eine unterirdische Verbindung zum neuen Bereich des geschlossenen Vollzugs nebst Krankenhaus und Verwaltungsbau vorgesehen ist. Im Sommer sollen die Arbeiten beginnen. Speziell für den Neubau des geschlossenen Männervollzugs sind 656 Haftplätze vorgesehen. Im alten Gebäude, erklärte Franz Kohlhaas, seien jetzt auf 402 Plätzen 466 Männer untergebracht. Insgesamt gebe es 3180 Haftplätze im Land bei 3800 Gefangenen. Er machte deutlich: "Es geht nicht darum, aus einem 103 Jahre alten Knast einen Hotelvollzug zu machen, sondern schlicht und ergreifend darum, eine bauliche Situation zu schaffen, die menschenwürdig und grundgesetzkonform ist." Dazu zeichnete er mit dem Lichtpunkt seines Laser-Pointers eine 7,92- Quadratmeter-Zelle an die Wand und erklärte: "Bei einer Doppelbelegung stehen dort zwei Betten übereinander, zwei Spinde, zwei Stühle, ein oder zwei Tische, Waschbecken, Toilette und ein Kühlschrank. Können Sie sich das vorstellen?" Zur Frage, warum der Standort Wittlich erweitert werde, sagte er: "Wir haben Expansionsbedarf und den Freiraum, dass wir hier keinen Grund erwerben müssen und nicht Räte und Bürgerversammlungen überzeugen müssen. Wittlich hat in 103 Jahren nicht unbedingt schlechte Erfahrungen mit seinem ,Kittchen' gemacht. Es mag zwar aus städtebaulicher Sicht ein Tumor sein, aber der ist wirklich gutartig." Die Lacher waren auf seiner Seite, als er bemerkte: "Wir kriegen dadurch auch mehr Einwohner für Wittlich." Und Franz Kohlhaas legte nach: "Drei Siebtel ihres Arbeitsentgelts bei einem Etat von 1,3 Millionen Euro können die Gefangenen für Konsum ausgeben. Wir haben gerade einen Vertrag mit einer ortsansässigen Lebensmittelhändlerin geschlossen." Außerdem entstünden 30 bis 60 neue Arbeitsplätze. Zum Sicherheitsaspekt sagte er: "Wir sind jetzt auf dem Niveau von 1902. Später werden 170 Kameras das Gelände überwachen." Bürgermeister Ralf Bußmer bezeichnete Wittlich als Zentrum der inneren Sicherheit in Rheinland-Pfalz und verwies darauf, dass die JVA Familien über Generationen Lohn und Brot gegeben habe. Die JVA sei Bestandteil der Stadt. Auf den Vorschlag eines Zuhörers, man solle dafür sorgen, dass Stadt und Kreis für die Zeit nach der Haft nicht zusätzlich die Lasten für finanzielle Hilfe aufgebürdet würden, gab es Applaus. Franz Kohlhaas zeigte Verständnis, dass man als JVA-Standort nicht "nur die Kröten schlucken" wolle, sagte aber abschließend: "Die Anregung können wir entgegen nehmen. Aber das ist Sache der Politik." Weiterer Bericht folgt.

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