Premiere hinter Gittern

Manchmal ist Sport doch mehr als nur eine Nebensache. Am vergangenen Dienstag besuchte eine Abordnung der Trierer Justizbehörde, darunter viele Staatsanwälte, die Jugendstrafanstalt (JSA) Wittlich. Der Grund ihres Besuchs war ein Basketballspiel zwischen der eigenen Hobbygruppe und jugendlichen Strafgefangenen.

Wittlich. Dass eine Mannschaft, gebildet aus Strafverfolgern, gegen die antritt, die sie hinter Schloss und Riegel gebracht haben, hat es in Deutschland noch nie gegeben. Der Leiter der JSA, Otto Schmid, verkündete schon beim Empfang auf dem Parkplatz vor der Pforte: "Wir freuen uns sehr über Ihren Besuch."

Sportlehrer Ralf Klimperle, der gemeinsam mit dem Trierer Staatsanwalt Jörn Patzak als Initiator für diese Premiere steht, hatte seiner Basketballgruppe zwar schon Wochen zuvor verkündet, dass ein Spiel anstünde, aber nicht verraten, wer der Gegner sei. "Als ich das Geheimnis vor ein paar Tagen gelüftet habe, herrschte erst einmal Sprachlosigkeit. Wir haben dann normal trainiert, und dann habe ich sie gefragt, ob sie das wollen." Das Ergebnis war eindeutig: 100 Prozent Zustimmung.

Bevor Spiel und Termin festgesetzt wurden, mussten natürlich Schmid als Anstaltsleiter und Triers Leitender Oberstaatsanwalt Jürgen Brauer ihre Zustimmung erteilen. "Wir reden immer von Resozialisierung", so Brauer, der "selbstverständlich" mit vor Ort war, "jetzt können wir ein besonderes Beispiel dafür geben. Schließlich haben wir die Jungs dahin gebracht, wo sie jetzt sind."

Obligatorische Begrüßung mit Abklatschen

 Die Basketball-Hobbygruppe der Trierer Justizbehörden besuchte die Jugendstrafanstalt (JSA) Wittlich. Anfangs war die Atmosphäre gespannt, danach ging es im Spiel richtig zur Sache. TV-Fotos: Willy Speicher

Die Basketball-Hobbygruppe der Trierer Justizbehörden besuchte die Jugendstrafanstalt (JSA) Wittlich. Anfangs war die Atmosphäre gespannt, danach ging es im Spiel richtig zur Sache. TV-Fotos: Willy Speicher



Nach einer Führung durch die Anstalt ging es dann in die Sporthalle. Die Atmosphäre war anfangs etwas angespannt. Offensichtlich wussten beide Seiten zu Beginn nicht so recht, wie sie die Begegnung angehen sollten. Verblüfft waren die Inhaftierten, dass der Gegner mit einer gemischten Mannschaft antrat. Patzak, ehemaliger TBB-Bundesliga-Spieler und sonst Teamleader der Justiz-Basketballer, fungierte wegen einer Verletzung als Coach und hatte auch zwei Damen aufgeboten. Die Nervosität war wie weggeblasen, als die Begrüßung mit gegenseitigem Abklatschen über die Bühne ging. Beide Teams traten in nagelneuen Trikots an. Den Strafgefangenen hatte James Marsh einen Satz Einspielshirts der TBB geschenkt. Schiedsrichter Bernward Wittschier (Rechtsanwalt) hatte wenig Arbeit, die gesamte Partie ging fair über die Bühne, und allen war der Spaß anzumerken.

Staatsanwältin Nadine Moormann, eine der beiden aktiven Damen: "Wir wussten ja vorher nicht, wie es ist, sich auf einer ganz anderen Ebene zu treffen. Jetzt kann ich mit Überzeugung sagen, dass der Versuch gelungen ist und unbedingt wiederholenswert ist." So sahen es auch die Jugendlichen, die fast gleichzeitig ihre Meinung abgeben wollten, sich zuerst aber bei ihrem Sportlehrer Ralf Klimperle bedankten, "weil er das möglich gemacht hat."

Die Kommentare reichten von "Wir hätten nie gedacht, dass so etwas möglich wäre", über "Vielen Dank für das in uns gesetzte Vertrauen", "Wir haben gezeigt, dass wir noch was anderes können als Straftaten begehen", bis zu: "Hoffentlich gibt es bald eine Wiederholung." Patzak war besonders beeindruckt, "als ich gehört habe, wie sie sich gegenseitig angefeuert haben." Das Spiel gewannen übrigens die Justizbehörden mit 47:33.

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