Prestigeprojekte statt Gedenken

Zu Samuel Hirsch und dem Kreiselneubau schreibt dieser Leser:

Es war für mich als Antifaschist ein inneres Erlebnis, als der TV mit einem längeren Artikel über Samuel Hirsch, den berühmten "Sohn der Gemeinde Thalfang", aufwartete und die interessante Frage aufwarf, warum es in Thalfang auch 64 Jahre nach dem Krieg noch kein Gedenken an ihn gibt. Die Geschichte der Juden in Thalfang einschließlich ihrer Verfolgung und brutalen Ermordung in den Vernichtungslagern ist in einer Dokumentation in Form eines schmalen Bändchens dargestellt, doch auch dieses hatte keine große Wirkung im Sinne von Nachdenken darüber, wie man diesen wertvollen Menschen und ihren Kindern und Enkeln mit einem Zeichen der Entschuldigung und Versöhnung entgegenkommen könnte.

Sind das schlechte Gewissen und die Verdrängung in Thalfang so groß, dass die Verantwortlichen die Hände in den Schoß legen, während sie sich Prestigeobjekte ausdenken, die vielen Bürgern in Zeiten leerer Kassen zumindest fragwürdig erscheinen? Merke: Auch für Landeszuschüsse zahlen wir als Steuerzahler! Zu diesen sog. "Bringschuld-Unternehmungen" von Lokalpolitikern, die dazu neigen, sich auf Kosten anderer selbst Denkmäler zu setzten, gehört der Kreisel zwischen Raiffeisen und Supermarkt.

Machen wir das Beste aus einer Sache, die nicht mehr zu stoppen ist! Nutzen wird die Kreiselinnenraumgestaltung, um Samuel Hirsch, Philosoph und Reformrabbiner, der nach Auswanderung eines natürlichen Todes in Amerika starb, und um die jüdischen Opfer des Nationalsozialismus, die wesentlich zur Entwicklung ihrer Gemeinde beigetragen hatten, inmitten des Kreisels zu ehren. Wie das genau aussehen könnte, hat uns die Gemeinde Traben-Trarbach in der Trabener Altstadt vorgemacht. Was dort ging - trotz eines bei manchen weiterbestehenden Antisemitismus - sollte in Thalfang auch möglich sein.

Jürgen Adam, Deuselbach

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