Protest gegen Nationalpark

Morbach · Plakate, T-Shirts mit Aufdruck, brennende Fackeln: Die von 900 Menschen besuchte Morbacher Infoveranstaltung war gekennzeichnet vom Protest. In diesem Umfeld tat sich Staatssekretär Thomas Griese schwer, für das Projekt Nationalpark im Hochwald/Idarwald zu werben.

Protest gegen Nationalpark
Foto: Klaus Kimmling

Morbach. Niemand kam bei der Morbacher Infoveranstaltung zum Nationalpark am Protest der Sägewerker vorbei. Sie standen in großer Zahl am Aufgang zur Baldenauhalle Spalier und trugen brennende Fackeln, Plakate und T-Shirts mit Sprüchen wie "Holz für die Bürger, nicht für die Würmer".
In der Halle tummelten sich 900 Besucher, die Mehrzahl Gegner eines Nationalparks Hochwald/Idarwald, was sich am frenetischen Applaus bei kritischen Anmerkungen zeigte. Hauptkritikpunkt der Mitarbeiter der drei Sägewerke in Morbach und Hochscheid: Sie befürchten, dass ihre etwa 550 Arbeitsplätze gefährdet sind. Denn das geplante Schutzgebiet, das 8000 bis 10 000 Hektar groß sein soll, darf nur zu einem Viertel bewirtschaftet werden.
Auch Gastgeber Andreas Hackethal sprach das Risiko für die Arbeitsplätze an. Die Chancen für den Tourismus stufte er als sehr gering ein. Wanderwege und Loipen seien im Nationalpark verboten, sagte der Bürgermeister.
Fehleinschätzungen wie die letztgenannte zu entkräften und für einen Nationalpark zu werben, war Aufgabe von Staatssekretär Thomas Griese an diesem Abend. Per se kein leichtes Unterfangen in diesem Umfeld, das Griese dann auch noch durch ungeschickte Sortierung seiner Argumente erschwerte. Werbung durch Titelgeschichten in Zeitschriften, aber auch auf Briefmarken gingen ohne Nationalpark an Rheinland-Pfalz vorbei, sagte der Staatssekretär und erntete Lacher.
Ein Nationalpark, in dem Besucher sehr wohl wandern und Rad fahren dürften, bringe verstärkt Touristen in die Region, wie der Park in der Eifel zeige. In Richtung Sägewerke sagte Griese, das Land wolle keine Arbeitsplätze gefährden. Der Umbau des Fichtenwaldes in einen Mischwald solle der ortsansässigen Holzindustrie zugutekommen. In der Übergangszeit von 30 Jahren werde verstärkt Nadelholz eingeschlagen. Generell werde nur ein Prozent des rheinland-pfälzischen Waldes in einen Nationalpark umgewandelt. Zu den Referenten in Morbach zählten außerdem Hans-Günter Fischer, Präsident des Waldbesitzerverbands Rheinland-Pfalz und Diplom-Forstwirt Bernhard Wern vom Saarbrücker Institut für Zukunftsenergiesysteme.
Beide gehen von einem erhöhten zukünftigen Holzbedarf aus. Beide sprachen sich gegen das Schutzprojekt an dieser Stelle aus. Wern konstatierte, dass bereits aktuell zu wenig Holz verfügbar sei. Zukünftig würde es womöglich auch dafür gebraucht, um Plastikersatz und Treibstoffe für Flugzeuge herzustellen.
Auch das Publikum, darunter Landrat Gregor Eibes und Sägewerkchef Eugen Decker, meldete sich in der dreieinhalbstündigen Veranstaltung durchweg kritisch zu Wort. Lediglich Jutta Blatzheim-Roegler, Landtagsabgeordnete der Grünen, beschwor die Chancen eines Nationalparks. Birkenfelds Bürgermeister Bernhard Alscher plädierte dafür, in den Dialog wenn auch kritisch, so doch einzusteigen. Dafür müsste die Region zunächst ihr Interesse an einem Nationalpark bekunden, so wie es der Birkenfelder Kreistag getan hat.
Bürgermeister Hackethal sagte zum Schluss allerdings: "Die Politik hat verstanden, wie sie sich zu einem Nationalpark stellen soll."Meinung

Deutliches Zeichen
Eindruckvoll haben die Bürger ihre Rechte in Morbach wahrgenommen und die Infoveranstaltung zum Nationalpark für sich genutzt. Deutlich haben sie ihren Sorgen Ausdruck verliehen. Daran kommen die Politiker nicht vorbei. Doch hinterlässt die Veranstaltung auch einen seltsamen Beigeschmack. Geplant war sie zur Information der Gemeinderatsmitglieder. Doch das erscheint einen Tag vor der Ratssitzung reichlich knapp. Laut Bürgermeister war der Ältestenrat mit dieser Vorgehensweise einverstanden, die Meinungsbildung sei so gut wie abgeschlossen, hieß es. Dann verwundern offensichtliche Informationsdefizite wie die des Gemeindechefs. Er sprach beispielsweise von verbotenen Wanderwegen im Nationalpark, laut Staatssekretär eine Fehlinformation. Ähnlich verhielt es sich mit anderen Gerüchten, die der Bürgermeister aufgegriffen hatte. Es stellt sich die Frage: Ging es angesichts des Gegenwinds in der Bevölkerung tatsächlich noch darum, Fakten zu hinterfragen? m.maier@volksfreund.deExtra

Der Morbacher Gemeinderat hat in seiner Sitzung am Dienstagabend, einen Tag nach der Infoveranstaltung, entschieden, dass er kein Interesse an einem Nationalpark in der Region hat. Bei der Abstimmung gab es lediglich zwei Gegenstimmen und eine Enthaltung. Der Rat eine Resolution in Richtung Landesregierung und Kreistag verabschiedet. Hauptargumente für das Nein zum Nationalpark sind der Verlust von Holzreserven für die in der Region stark vertretene Sägeindustrie und ein möglicher Abbau von Arbeitsplätzen. Lesen sie aktuell nach im Internet auf www.volksfreund.de. Ausführlicher Bericht in der Zeitung folgt am morgigen Donnerstag. maiExtra

Das Land hat vier Standorte für einen Nationalpark ins Auge gefasst, Hochwald/Idarwald ist einer davon. Zunächst sollen die betroffenen Regionen sagen, ob sie interessiert sind. Entscheidendes Gremium dafür ist der Kreistag. Dann beginnt die zweite Phase, die bis zu zwei Jahren andauern kann. Im Dialog mit Bürgern, Kommunen und Vereinen will das Land Einzelheiten klären. Dazu gehören auch Themen wie die Brennholzentnahme und das Wildmanagement. Sie werden vom kommunalen Nationalpark-Ausschuss in einer Verordnung festgeschrieben. Erst danach ist die endgültige Zu- oder Absage der Region gefragt. mai

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