Prozess: Freiheitsstrafe für ehemaligen Mitarbeiter der VG-Verwaltung Bernkastel-Kues beantragt

Trier/Bernkastel-Kues · Vor dem Landgericht Trier hat der Staatsanwalt für einen ehemaligen Mitarbeiter der VG-Verwaltung Bernkastel-Kues eine Freiheitsstrafe von zwei Jahren und zehn Monaten beantragt.

Der Angeklagte hat an bisher vier Verhandlungstagen zu den Vorwürfen geschwiegen. Erst gegen Ende der Sitzung am Donnerstag soll sich das ändern. Doch zunächst haben wieder die Kammer, Anklage und Verteidigung das Wort. Es wird ein Tag, der die Geduld der zahlreichen Zuhörer fordert. Den gesamten Vormittag benötigt der Vorsitzende Richter Armin Hardt zur Verlesung einiger Arbeitsgerichtsurteile. Nachdem der Mitarbeiter des Ordnungsamtes im September 2011 in den Verdacht geraten war, Gebühren und Parkplatzmietenunterschlagen zu haben, war ihm fristlos gekündigt worden (der TV berichtete). Dem folgten mehrere Zivilklagen vor dem Arbeitsgericht, wobei die Verbandsgemeinde zunächst einen Schaden im höheren sechsstelligen Bereich geltend gemacht hatte. Bei der Eröffnung des Strafverfahrens ging Staatsanwalt Ole Nannen von rund 71 000 Euro aus. Auf seinen Antrag hin wird am gestrigen Tag noch eine Reihe von Fällen, bei denen kein Schaden nachweisbar war, gestrichen. Die Schadenssumme beträgt nun rund 55 000 Euro.
Nannen sieht am Ende dieses langen Verfahrens den Beweis erbracht, dass der Angeklagte allein durch die Stornierung bereits quittierter Einzahlungen das Geld veruntreut hat. Außerdem seien Bareinzahlungen für Parkplatzmieten mit Sonderquittungen an der Kasse vorbeigeleitet worden. Als abwegig bezeichnet Nannen die These des Angeklagten, dass ein Unbekannter zur Nachtzeit die Kasse mit einem Computerprogramm manipuliert haben könnte. 102 Anklagepunkte sind es noch, für die der Staatsanwalt eine Gesamtstrafe von zwei Jahren und zehn Monaten Haft beantragt. Wegen der ungewöhnlichen Verfahrenslänge - die Ermittlungen begannen 2011 - sollten jedoch acht Monate als bereits verbüßt angerechnet werden.
Zwei Jahre und zwei Monate lägen oberhalb der Zwei-Jahres-Grenze, ab der eine Strafe zur Bewährung ausgesetzt werden kann. Für die Verteidiger Thomas Schneider und Michael Mies nicht hinnehmbar. Ein reiner Indizienprozess ohne konkreten Nachweis sei dies, sagt Schneider, wobei er auch die Ergebnisse einer Hausdurchsuchung und einer Kontenüberprüfung für den Angeklagten verwendet. Schneider: "Ist unser Mandant auf frischer Tat ertappt worden? Hatte er große Geldsummen angehäuft? Es ist nichts bei ihm gefunden worden, was dort nicht hingehört hätte. Dazu als Beweismittel vorgelegte Abrechnungskopien, die man nur als Zumutung bezeichnen kann. Hatten nicht zahlreiche andere Mitarbeiter auch Zugang zur Kasse?" Und die Entsorgung der kasseninternen Journalrollen aus Platzgründen sei auch in anderen Abteilungen Usus gewesen. Und warum habe er ausgerechnet die letzte Rolle nach Ermittlungsbeginn aufgehoben? Die hätte er doch gerade vernichtet, um keine Spur zu hinterlassen.
Die beiden Verteidiger beantragen Freispruch und stellen gleichzeitig einen Ersatzantrag für den Fall der Verurteilung. Danach sollen dann die kopierten Beweisunterlagen mit den Originalen verglichen werden.
Schließlich macht der Angeklagte mit ruhiger Stimme von seinem letzten Wort Gebrauch: "Wir konnten mit meinem Einkommen immer gut leben. Ich hatte nie ein Motiv, Geld zu veruntreuen. Nie in 40 Jahren habe ich Geld veruntreut - nie hätte ich durch solches Tun das Wohl meiner Familie gefährdet."
Das Urteil wird am 23. Mai um 11.30 Uhr verkündet.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort