Prozess: Heroin-Deals oder Dolmetscher-Fehler?

Wittlich · Erst sagt er, er habe Heroin verkauft, doch weil er seine polizeiliche Aussage vor Gericht zurückzog und dadurch die Verurteilung eines anderen Mannes verhinderte, wurde ein 32-Jähriger aus Wittlich am Montag zu sechs Monaten Haft verurteilt.

Wittlich. Ein 32-jähriger Afghane ist vor dem Amtsgericht Wittlich wegen uneidlicher Falschaussage in Tateinheit mit Strafvereitelung zu sechs Monaten Freiheitsstrafe verurteilt worden. Der Angeklagte hatte bei einer polizeilichen Vernehmung im Juni 2012 angegeben, einem Dritten in 15 Fällen Heroin verkauft zu haben. In der Hauptverhandlung hatte er diese Aussage aber zurückgezogen und den Dolmetscher beschuldigt, falsch übersetzt zu haben. Der Angeklagte war daraufhin in diesem Punkt straffrei geblieben.
Für die Staatsanwaltschaft steht fest, dass eine der beiden Aussagen falsch war. Nach Angaben seiner Pflichtverteidigerin ist der 32-Jährige geständig, doch zunächst ist weiterhin unklar, bei welcher Vernehmung er gelogen hat. Letztendlich wird dann doch klar: die Anschuldigungen gegen den Dolmetscher waren falsch.
Der aus Afghanistan stammende Mann ist kräftig gebaut, wenn auch nicht sehr groß. Doch zwischen Verteidigerin und Dolmetscher sitzend wirkt er verunsichert. Seine Antworten sind kaum zu hören. Richterin und Staatsanwalt müssen mehrmals nachfragen, bis sie sich sicher sind, dass sich das Geständnis auf die Falschaussage vor Gericht bezieht. Es sei ihm schwer gefallen, die Beschuldigungen von Angesicht zu Angesicht zu wiederholen.
Die Staatsanwaltschaft wirft dem Angeklagten uneidliche Falschaussage in Tateinheit mit Strafvereitelung vor und fordert sechs Monate Freiheitsstrafe.
Die Pflichtverteidigerin bittet zu berücksichtigen, dass ihr Mandant im Gefängnis, wo er seit Mai 2012 wegen diverser Drogendelikte in Haft sitzt, "auf einem guten Weg" sei, zwei Deutschkurse belegt habe und eine Drogentherapie beginnen wolle. Das letzte Wort gehört dem Angeklagten: "Ich entschuldige mich dafür, falsch ausgesagt zu haben", übersetzt der Dolmetscher.
Die Richterin folgt in ihrem Urteil der Forderung der Staatsanwaltschaft und verurteilt ihn zu sechs Monaten Haft.

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