Prozess: Paar tötet mehrere Rehe und stiehlt noch die Kochtöpfe dazu – Neun Monate Haft auf Bewährung

Wittlich · Eine Liebesbeziehung ist zwischenzeitlich völlig aus dem Ruder gelaufen. So sehr, dass sich nun das Wittlicher Amtsgericht damit beschäftigen musste. Ein Paar hat nicht nur Waren im Wert von 4000 Euro gestohlen, sondern auch grundlos Rehe getötet.

Mit der Liebe ist es seltsam. Den einen bietet sie ein Gefühl von Geborgenheit und Glück; andere wiederum verleitet sie mitunter zu unüberlegten Handlungen. Eine besonders krankhafte Form der Zuneigung zweier Angeklagter zueinander war nun Thema vor dem Wittlicher Amtsgericht. Da war es am Ende auch nur noch Nebensache, dass Richterin Silke Köhler beide zu je neun Monaten Haft auf Bewährung verurteilte.

Angeklagt waren ein Berufskraftfahrer und eine Verkäuferin aus dem Raum Wittlich, die immer wieder in einer Beziehung waren und es nie richtig geschafft haben, voneinander loszukommen: "Wie zwei Magneten, die unweigerlich aneinanderpappen, wenn sie sich zu Nahe kommen", sagte Rechtsanwalt Marco Kissel, der den Angeklagten vertrat. Sein Mandant habe sogar ein Attest, das ihm eine krankhafte Abhängigkeit zu seiner Exfreundin bescheinige. Jetzt sind sie seit fünf Wochen getrennt - vorerst. Denn dass beide überhaupt noch einmal zueinandergefunden haben, konnte Richterin Köhler kaum glauben. Während ihrer Beziehung haben beide mehrere Straftaten begangen. Sie haben gestohlen, gelogen und mehrere Rehe erschossen.

Rehe erschossen? Ja. Die Verkäuferin gab an, zwei Rehe auf einer Weide beim Grasen gesehen zu haben. Ihr erster Gedanke war nicht: "Niedlich!" Ihr erster Gedanke war. "Ich habe Lust auf Rehrücken." Daraufhin habe sie solange auf ihren damaligen Freund eingeredet, bis dieser sein Gewehr aus dem Waffenschrank nahm und die Tiere erschoss.
Der Angeklagte durfte zwar eine Waffe führen und hatte auch ein Jagdrecht - allerdings befanden sich die beiden Tiere außerhalb seines Jagdbereichs. Ein weiteres Reh fiel dem Paar etwas später zum Opfer. Die beiden Angeklagten brachen in ein umzäuntes Gelände ein und erschossen ein trächtiges Reh. Auch dieses Tier landete in den Kochtöpfen der beiden. Ihren Kochtöpfen? Fast. Denn die Töpfe waren geklaut.

Der Angeklagte arbeitet als Lastwagenfahrer. Mit seinem LKW transportiert er regelmäßig die verschiedensten Sachen durch Europa. Für die Sicherung der Ladung ist er selbst verantwortlich. Ist die Ladung gesichert, wird der Laderaum mit einer Plombe versiegelt. Bevor er das tat, bediente er sich an den Waren. Teils auf Anraten seiner Exfreundin. Neue Töpfe, Zigaretten, eine Mikrowelle, mehrere Schachteln Dübel: Geklaut wurde, was im Laderaum war.
Etwas kreativer war der Diebstahl eines Smartphones. Dieses hatten sie bei einem Telefonanbieter über das Internet bestellt. Als sie das Handy bekommen hatten, nahmen sie das Gerät aus der Packung und schickten die leere Schachtel zurück - mit dem Hinweis, es sei kein Smartphone enthalten gewesen. Der Anbieter glaubte dem Paar und schickte ein neues Gerät. Eins der beiden Geräte behielten sie, das andere verkauften sie im Internet. Die gestohlenen Waren hatten einen Wert von etwa 4000 Euro.

Diamantring gestohlen

Zusätzlich zu den gemeinsam begangenen Taten machte sich die Angeklagte in zwei weiteren Fällen strafbar. Sie hatte einen Diamantring im Wert von 860 Euro geklaut - in dem Geschäft, wo sie zu dieser Zeit als Verkäuferin gearbeitet hatte. Sie war davon ausgegangen, dass ihr damaliger Arbeitgeber keinen Überblick über die Waren in seinem Laden habe und der Diebstahl so nicht auffallen würde.

Sie hat recht behalten. Von all diesen Straftaten wusste die Justiz tatsächlich nichts. Es kam alles ans Licht, als die Angeklagte im vergangenen Jahr Anzeige bei der Polizei erstattete. Gegen sich selbst und gegen ihren damaligen Freund. Wie sie heute sagt, weil sie sich in der Beziehung bedroht gefühlt habe und reinen Tisch machen wollte. Bei der Gelegenheit beschuldigte sie ihren Exfreund auch noch, im größeren Stil mit Drogen gehandelt zu haben. Die Polizei ermittelte und kam zu dem Schluss, dass die Angeklagte in diesem Fall gelogen hatte. Das Ermittlungsverfahren wurde eingestellt.

Einen Knacks hat die Beziehung der beiden dadurch allerdings nicht bekommen. Nicht mehr als sonst jedenfalls. Beide waren danach wieder ein Paar - bis vor fünf Wochen. Richterin, Staatsanwalt und die beiden Verteidiger redeten unentwegt auf beide ein, dass der gegenwärtige Zustand der Trennung auch dauerhaft bestehen bleibt. Sonst, so fürchten alle Beteiligten, werde man sich irgendwann auch vor Gericht wiedersehen.

Strafmildernd berücksichtigte das Gericht, dass die beiden Angeklagten von Anfang an geständig waren und dass es ohne deren Selbstanzeige vermutlich gar keinen Prozess gegeben hätte. Beide haben als Bewährungsauflage eine Geldstrafe in Höhe des jeweiligen Nettogehalts erhalten. Die Angeklagte muss 1200 Euro zahlen, ihr Exfreund 2200 Euro. Alle Seiten erklärten nach dem Urteil einen Rechtsmittelverzicht. Das Urteil ist damit rechtskräftig.

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