Prozess: Wurde junge Frau bei Weinfest missbraucht?

Bernkastel-Kues/Traben-Trarbach · Einem 31-Jährigen wird vorgeworfen, während des Traben-Trarbacher Weinfests 2009 eine junge, willenlose Frau zum Geschlechtsverkehr gezwungen zu haben - unmittelbar in der Nähe des Festplatzes. Möglicherweise waren K.-o.-Tropfen im Spiel.

Bernkastel-Kues/Traben-Trarbach. Was ist in der Nacht auf den 11. Juli 2009 geschehen? Dieser Frage versucht das Amtsgericht Bernkastel-Kues unter dem Vorsitz von Richter Oliver Emmer auf den Grund zu gehen. Kernproblem: Das mutmaßliche Opfer kann sich an nichts mehr erinnern. Die Staatsanwaltschaft wirft einem 31-jährigen Mann aus einem Moselort vor, die damals 19-Jährige sexuell missbraucht zu haben. Schwer wiegt dieser Fall zum einen, weil der Beischlaf bis zum Ende vollzogen wurde, zum anderen, weil sie zu diesem Zeitpunkt laut Anklage nicht in der Lage war, sich zu wehren.
Fest steht nach dem ersten Prozesstag, an dem sich die beiden Auge in Auge gegenübersitzen, dass sie ungeschützt Geschlechtsverkehr miteinander hatten - nach Aussage des mutmaßlichen Täters allerdings einvernehmlich. Die beiden hätten sich über Dritte beim Traben-Trarbacher Weinfest kennengelernt, sie hätten miteinander geflirtet, seien sich nähergekommen und am Ende alleine dort gewesen. Auf dem Weg in die Disko sei es dann im Gebüsch zum Verkehr gekommen, bei dem sie aktiv mitgewirkt habe.
"Wie hypnotisiert"


Die Verletzungen, mit denen die junge Frau am nächsten Morgen aufwachte, erzählen nach Aussagen der Rechtsmedizinerin Bianca Navarro-Crummenauer aber eine andere Geschichte. Ein Sexualkontakt mit Einverständnis des Opfers sei praktisch auszuschließen. An das Geschehen selbst aber kann sich die heute 21-Jährige nicht mehr erinnern. Das letzte Bild, das sie vor Augen hat, sei ein Glas Wein. Am nächsten Morgen sei sie mit Unterleibsschmerzen und Verletzungen aufgewacht. "Ich wusste, dass etwas Schlimmes passiert ist." Sie habe geweint, sei völlig verstört gewesen, berichten Freunde.
Am ersten Prozesstag wird sie zunächst nur zu ihren Verletzungen befragt. Mit Hilfe zahlreicher Zeugenaussagen versucht das Gericht zu rekonstruieren, was sich in dieser Nacht zugetragen hat. Die Freundin, die sie auf dem Festplatz zuletzt gesehen hat, berichtet, das mutmaßliche Opfer sei angeheitert, aber nicht betrunken gewesen. Als sie in der Disko auftauchte, war sie dann plötzlich völlig neben sich, berichtet eine andere Freundin. "Sie hat die Augen verdreht, war wie hypnotisiert." Eine weitere Zeugin berichtet, die junge Frau habe sie auf dem Nachhauseweg wüst beschimpft, was ganz und gar nicht deren Art sei. Aus vielen Aussagen ist die Vermutung herauszuhören, dass ihr ein anderes Mittel verabreicht worden sein müsse. Ihr Zustand könne nicht die Folge der Weinmenge gewesen sein, die sie getrunken habe.
Ob ihr möglicherweise sogenannte K.o.-Tropfen verabreicht worden sind, die zur Bewusstlosigkeit führen können, wird sich frühestens beim nächsten Prozesstermin am kommenden Freitag, 18. November, klären - durch ein weiteres rechtsmedizinisches Gutachten. Auch das mutmaßliche Opfer soll an diesem Tag zu den Vorfällen gehört werden. Wird der 31-Jährige schuldig gesprochen, muss er für mindestens zwei Jahre hinter Gitter. Stellt sich heraus, dass er die Frau mit Hilfe einer Substanz willenlos gemacht hat, kann die Haftstrafe weitaus höher ausfallen.

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