Qualifiziert, arbeitswillig, 54

BRUCH. Margret Groeger könnte verzweifeln. Obwohl sie gesund, arbeitswillig, flexibel und mobil ist, findet die examinierte Altenpflegerin keinen Job. Dabei sind die Chancen in ihrem Beruf besser als in den meisten anderen. Oder liegt es vielleicht daran, dass Margret Groeger bereits 54 Jahre alt ist?

 Vier fertige Bewerbungsmappen liegen immer auf dem Tisch, damit Margret Groeger auf Stellenanzeigen sehr schnell reagieren kann.Foto: Petra Geisbüsch

Vier fertige Bewerbungsmappen liegen immer auf dem Tisch, damit Margret Groeger auf Stellenanzeigen sehr schnell reagieren kann.Foto: Petra Geisbüsch

Mitihrer Qualifikation und ihrer Berufserfahrung müsste MargetGroeger eigentlich schnell eine neue Stelle finden. Doch weitgefehlt. Für jedes ihrer drei längst erwachsenen Kinder hat sieein knappes Jahr mit der Arbeit ausgesetzt. Ansonsten war MargretGroeger ihr ganzes Leben lang im Job. Zunächst alsKrankenschwesternhelferin, seit 1999 als examinierteAltenpflegerin. Obwohl die Menschen immer älter werden und immerlänger gepflegt werden müssen, obwohl in vielen Seniorenheimenpersoneller Notstand herrscht und obwohl ambulante Dienste oftSonderschichten einlegen, ging Margret Groeger bisher leer aus.16 Mal hat sie sich beworben. Allmählich wird das Geld knapp

"Leider muss ich Ihnen mitteilen, dass wir die Stelle anderweitig besetzt haben", lautet die stereotype Antwort auf ihre sorgfältig zusammengestellten Bewerbungen. "Wenn ich überhaupt eine Antwort erhalte", so die Altenpflegerin. Besonders ärgert sie sich, wenn sie keinen Bescheid bekommt oder der Eingangsstempel die Bewerbung für eine weitere Verwendung untauglich macht.

Ständig liegen vier fertige Mappen auf ihrem Schreibtisch. Sie liest aufmerksam sämtliche Stellenanzeigen, verfasst ein individuelles Anschreiben, und ab geht es mit der Mappe noch am selben Tag zum Briefkasten.

Seit März 2002 ist Margret Groeger arbeitslos. In dieser Zeit hat ihr das Arbeitsamt drei Stellen angeboten; alle anderen hat sie persönlich ausfindig gemacht. Allmählich spürt sie, wie das Geld knapp wird. Die Bank hatte recht zügig den Überziehungskredit halbiert und den Bausparvertrag gekündigt. Wenn Waschmaschine oder Auto kaputt gehen sollten, wird es eng. Neue Kleidung hat sich die 54-Jährige schon lange nicht mehr geleistet. Um ihr extremes Überstundenkonto abzutragen, hatte sie monatelang bei ihrem letzten Arbeitgeber nur drei Stunden pro Tag gearbeitet. Dadurch verdiente sie erheblich weniger als sonst, und nach diesem zuletzt ausgezahlten Nettolohn bemisst sich das Arbeitslosengeld. Fast 200 Euro monatlich hat sie auf diese Weise eingebüßt.

Als blanken Hohn empfindet Groeger inzwischen das bei den Arbeitgebern offensichtlich beliebte "Probearbeiten". Besonders desillusionierend ist es, wenn an Feiertagen zu einer solchen Einlage gebeten wird, wenn andere im Team frei haben. Drei Tage, für die sie weder Lohn noch Spritgeld bekommt. Niemand sieht, was sie fachlich kann. Oft sind nur Handlanger-Arbeiten zu erledigen.

Die Hoffnung noch nicht aufgegeben

Obwohl sie sich mehrmals auf die Probearbeit eingelassen hat, hat das keine Anstellung gebracht. "Wie Sie uns mitgeteilt haben, haben Sie inzwischen eine andere Stelle gefunden", lautete einmal die überraschende Antwort. Ob es denn so wichtig sei, ob das stimme oder nicht, meinte der Verantwortliche, als Margret Groeger nachhörte. Ihr droht nun das Abrutschen in die Sozialhilfe. Dass dabei zunächst das sauer zusammengesparte Häuschen in Bruch "draufgehen" könnte, ist ihr klar. Doch will sich Margret Groeger nicht in ihr Schicksal ergeben. Sie hat die Hoffnung auf einen Job als Altenpflegerin noch nicht aufgegeben.

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