Räucherfisch und ein wilder Gaul

WITTLICH-DORF. (peg) Zwei Jahre nach der großen 1050-Jahr-Feier hält die Dorfgemeinschaft immer noch. Im kleineren Rahmen beging der kleinste Stadtteil Wittlichs nun sein erstes historisches Dorffest.

Die Arbeit eines Schmiedes begegnet modernen Menschen eigentlich nur noch in Historien-Streifen wie in der "Heimat"-Verfilmung von Edgar Reitz. Am Wochenende staunten die Besucher des Dorfer Festes: Nicht nur zuschauen konnten sie dem Schmied. Wer Lust hatte, der durfte sogar selbst Hand anlegen bei der hohen Kunst des Schmiedens von Nägeln, Hufeisen oder Treppengeländern. Wobei Letzteres dem Meister vorbehalten bleibt - zu gefährlich sind Experimente von Nicht-Fachleuten in Anbetracht der hohen Temperaturen, die das Eisen haben muss, bevor es sich bearbeiten lässt. Aber immerhin: Einen Nagel durfte er mit nach Hause nehmen, der Sohn von Gerd Gressnich, der zum historischen Dorffest den Schmied gab. Auch er ist erblich vorbelastet, zählte sein Vater Alois noch zu den echten Schmieden. Die Freude, das ein oder andere Stück persönlich vor den Augen der neugierigen Zuschauer zu formen, ließ sich Alois nicht nehmen. Bereits am frühen Samstagabend schritt er zur Tat. Das war auch gut so, denn wenig später öffnete sich der Himmel hemmungslos: Es regnete wie aus Eimern. Da wurde manch ein Reibekuchen oder Eisbein ordentlich nass. Zwei, die ihren Humor behielten, waren Ottmar Lehnen und Adolf Escher, die in blau-weiß gestreiften Hemden frische Forellen eigenhändig räucherten. Im Hintergrund lief Musik von der Waterkant. Lehnen: "Am Wetter ändern wir doch sowieso nichts." Sprach's und zauberte die ersten duftenden Fische aus dem Ofen. "Etwa eine dreiviertel Stunde müssen die Fische im Ofen hängen", erläuterte Lescher. Bürgermeister Ralf Bußmer und Gattin fungierten sozusagen als Vorkoster. Sie teilten sich die erste Räucherforelle und waren hellauf begeistert.Geheimnis des Geschmacks: nasses Buchenmehl

Auch das Räuchern will gelernt sein. Eine gewisse Zeit muss die Temperatur über 100 Grad gehalten werden, sonst werden die Tiere nicht gar. Behutsam luden die Räuchermeister das Geheimnis des guten Geschmacks in den Brenner: Nasses Buchenmehl, das den Forellen den gewünschten Rauchgeschmack verleiht. Rund 20 passen auf einmal hinein - dann wird die Tür geschlossen. "Auch der Ofen wurde übrigens von unserer Dorfgemeinschaft in Eigenarbeit gebaut, zur 1050-Jahr-Feier vor zwei Jahren", erinnerte sich Ottmar Lehnen. Damals schoss sein Bruder Heiner 1050 Fotos, die am Wochenende im Vereinshaus zu bewundern waren. Heiner sorgte übrigens unfreiwillig für einen Startschuss des diesjährigen Dorffestes, den keiner je vergessen wird. Des Reitens unkundig, hatte er sich auf ein eigentlich gutwilliges Pferd gesetzt. Doch das ging mit ihm durch. Nurmehr die verzagte Stimme des Mannes war zu hören, als das Pferd im vollen Galopp gen Bombogen ritt: "Stopp! Stopp! Stopp!" Er habe geglaubt, das Tier spreche nur englisch, lautete später seine Erklärung, als er unverletzt und wieder guter Dinge beim Räucherfisch saß.

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