Rasenmäher auf dem Dach

TRABEN-TRARBACH. Dicht an dicht schmiegen sich die Häuser in den Gassen der Trarbacher Altstadt, und der Traum vom eigenen Garten, dem Idyll im Grünen, scheint da fern. Nicht jedoch bei Anne Storck, die auf der Arbeitshalle des Weingutes von Sohn Peter den Rasen mäht.

Dass sie in luftiger Höhe einen etwa 100 Quadratmeter großen Garten besitzt, verdankt sie den Eltern Friedrich und Else Storck, die 1927 das Haus in der Grabenstraße 16 gebaut haben. "Meine Eltern wollten Blumen und einen Garten direkt am Haus haben", sagt Anne Storck. So kam auf die Arbeitshalle zunächst Teerpappe und dann eine rund 40 Zentimeter hohe Erdschicht. "Dies diente auch der Isolierung, im Sommer war es in der Halle kühl, im Winter warm". Die muntere Seniorin lässt der Natur rund fünf Meter über der Grabenstraße ihren freien Lauf. Neben Goldruten, Rosen, Königskerzen, wildem Wein, Flieder, einem Haselnussbaum und zahlreichen Pflanzen in Kübeln und Kästen sprießt auch das Wildkraut und lockt Insekten an. "Im Krieg hatten wir hier 28 kleine Entchen laufen, und Hasen hatten wir in Käfigen", lacht Anne Storck. Während der französischen Besatzungszeit wurde der Garten umfunktioniert. Da wurde Gemüse angebaut. Später pflegten die Eltern wieder ihre Phoenix-Palme und die Rhododendren. An die Kriegsjahre erinnert noch eine Einschussstelle auf dem Dachgarten. "Das war eine Spitfire, die auf Trarbach zuflog", erinnert sich Anne Storck. Mutter Else, die gerade im Garten war, kam mit dem Schrecken davon. Anne Storck genießt ihr Plätzchen im Grünen, wo sie den Rasen mäht, Verblühtes auszupft und mit der Familie auch schon mal Kaffee trinkt. Aus dem einen Wohnzimmerfenster schaut sie in die Brunnenstraße, wo ein reges Treiben herrscht. Auf der anderen Seite tritt sie in den Garten und fühlt sich in eine andere Welt versetzt. Das "Gerütsch", der felsige, begrünte Hang unterhalb der Weinbergslage Mühlenrech, gibt eine imposante Naturkulisse ab. Goldregen und Akazien wachsen da, Rehe huschen durchs Unterholz, der Wind rauscht in den Blättern und tief zu ihren Füßen rauscht der Kautenbach."Ich lasse alles wachsen"

"Hier schaut mir keiner rein", freut sich Anne Storck. Nachts schlagen die Nachtigallen, Eulen hat sie schon gesichtet und die Bachstelzen sagen ihr guten Tag. "Das ist ein Plätzchen, das ich nicht missen möchte", sagt die Seniorin, die die Sonne vom Mittag bis zum Abend genießen kann und die an heißen Sommertagen auch viel gießen muss und einräumt, dass ihr Garten nicht besonders gepflegt sei. "Ich lasse alles wachsen, was mich nicht stört und was da ist, bleibt", sagt sie. Den Bienen scheint das gut zu schmecken, denn sie sind zahlreich. Stolz merkt Anne Storck an, dass sie "keine einzige Laus" auf ihren Pflanzen hat. Das Gießwasser holt sie von der anderen Straßenseite aus dem Pfeifenbrunnen, zu dem einige Stufen hinabführen. "Das war vor dem großen Stadtbrand am 21. Juli 1857 die Straßenhöhe", weiß die Trarbacherin. Die Quelle des Brunnens liegt im Mühlenrechberg und das Wasser wird durch Röhren, so genannte Pfeifen, in die Stadt geleitet. Die Geranien am Brunnengeländer obliegen auch der Pflege von Anne Storck, die die Blumenkästen im Winter mit Koniferengrün vom Dachgarten bestückt.

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