Rathauspläne: Wittlicher lassen nicht locker

Wittlich · Der Stadtrat hat erstmals über das Einschreiten des Landesrechnungshofs beim Rathausneubau gesprochen, dessen Pläne auf Eis liegen. Zentrale Kritik: Der Innenminister sei trotz der Brisanz der Lage nicht gesprächsbereit und verstecke sich hinter dem Landesrechnungshof, die Nikolaus Koch Stiftung als bisherige Vermieterin agiere nicht vertrauensbildend.

Wittlich. Der Landesrechnungshof ist der Auffassung, dass die Stadt Wittlich kein neues Rathaus benötigt. Die derzeitige Vermieterin der Stadtverwaltung, die Nikolaus-Koch-Stiftung, hat angeboten, die Miete fürs Stadthaus auf sieben Euro pro Quadratmeter zu reduzieren. Deshalb hält der Landesrechnungshof einen Neubau (rund zehn Millionen Euro mit Tiefgarage) für überflüssig. Diese Nachricht hat die Stadtratsmitglieder schockiert (der TV berichtete). Die erste öffentliche Sitzung nach der überraschenden Intervention der Prüfer nutzen die Fraktionen zu Stellungnahmen im Stadtrat. Zentrale Themen dabei:Der Innenminister: Die Stadträte fordern von Innenminister Roger Lewentz ein Gespräch. Das Ministerium dagegen hat die Stadtspitze aufgefordert, erst einmal mit dem Präsidenten des Landesrechnungshofes zu sprechen. Ein Termin steht noch nicht fest. Er wird vermutlich Anfang April sein. "Der Landesrechnungshof hat nicht die Aufgabe, Politik zu machen. Das ist Aufgabe des Innenministers", sagt Joachim Gerke (SPD). "Es kann nicht sein, dass man eine Zusage bekommt, von der nachher niemand etwas wissen will", sagt Karl-Heinz Grünfelder (FDP) im Hinblick darauf, dass Lewentz\' Vorgänger, Karl-Peter Bruch, der Stadt für einen Bau neben der Verbandsgemeindeverwaltung nebst Kooperation mit ihr eine 70-prozentige Förderzusage gemacht hat. "Ich erwarte, dass der Minister sich mal bekennt. Für positive Termine ist immer Zeit, für ernsthafte keine", sagt Elfriede Meurer (CDU)."Was bedeutet eigentlich ein Wort eines Ministers. Er kann sich nicht hinter dem Landesrechnungshof verstecken", sagt Rudolf Bollonia (Grüne)."Das Land hat den Rechnungshof nur vorgeschoben nach dem Motto: Was juckt mich das Geschwätz von gestern", sagt Stefan Melcher (FWG).Die Nikolaus Koch Stiftung: Sie ist Vermieterin des Stadthauses und ihre für den Rat überraschende Reduzierung der Miete ist nach Ansicht der Ratsmehrheit Grund für die Haltung des Landesrechnungshofes."Wenn der Mietpreis das einzige Kriterium ist, kann man ja auch überlegen, für 3,50 Euro in die Schule nach Wengerohr zu ziehen", sagt Elfriede Meurer (CDU)."Wir sind Vertragspartner. So geht man nicht miteinander um", sagt Joachim Gerke (SPD)."Es ist doch nicht unsere Aufgabe, die Rendite der Nikolaus-Koch-Stiftung zu erhalten", sagt Rudolf Bollonia (Grüne)."Die haben uns 15 Jahre ausgenommen wie eine Taube, und jetzt gehen die mit dem Mietpreis runter", sagt Karl-Heinz Grünfelder (FDP).Und generell ist die Stimmung im Stadtrat, der einst einstimmig die Neubaupläne beschlossen hat, gelähmt und frustriert. "Hätten die sich in Mainz rausgehalten, wären wir schon im neuen Rathaus und würden keine Miete zahlen und Kredite tilgen", sagt Elfriede Meurer (CDU). Allerdings kann Wittlich nicht ohne Mainz, denn die Stadt ist auf das Geld vom Land angewiesen. "Ohne Zuschuss werden wir das nicht realisieren können", schickt Bürgermeister Joachim Rodenkirch der Debatte im Rat voran. Die einzige Selbstkritik kommt von Stefan Melcher (FWG): "Seien wir mal ehrlich. Wegen der70 Prozent Zuschuss sind wir mit zwölf Millionen Euro in die Vollen gegangen. Jetzt sind es zehn Millionen. Ich gebe Brief und Siegel, die kriegen wir nicht durch. Ich würde mit einem Plan B nach Mainz gehen." Für diesen Anstoß, die bereits gekürzten Pläne weiter zu reduzieren, etwa um Sitzungssaal oder Tiefgarage, gab es Gegenwind aus dem Stadtrat. Wie zu hören ist, besonders in der anschließenden nichtöffentlichen Sitzung.Meinung

Selbstzweck RathausbauBei aller Aufregung über die Nikolaus Koch Stiftung. Wie würden die Verantwortlichen der Stiftung Stadt Wittlich reagieren, wenn der Betreiber des Vitellius-Kindergartens Anstalten machen, das von der Wittlicher Stiftung gebaute Gebäude im Konversionsgebiet zu verlassen? Wahrscheinlich würde die Stiftung mit Bürgermeister Joachim Rodenkirch an der Spitze ebenfalls versuchen, die Mieter zum Bleiben zu bewegen. Dies tat die Trierer Stiftung durch das Angebot eines Mietnachlasses. Auch wenn man über die Vorgehensweise der Trierer streiten kann, so bleibt Fakt, dass bereits 2009 das Angebot auf dem Tisch lag, mit der Miete auf sieben Euro pro Quadratmeter runterzugehen. Das wurde von den Vertretern der Stadt abgelehnt, weil schon damals eine adäquate Unterbringung der Verwaltung nicht Hauptziel war, sondern der Bau eines neuen und eigenen Rathauses. Diesen Selbstzweck hat der Stadtrat über das Gebot der Sparsamkeit gestellt. Die Quittung für diese Haltung hat der Landesrechnungshof den Wittlichern präsentiert. h.jansen@volksfreund.deExtra

Aus Sicht der Nikolaus Koch Stiftung stellt deren Vorsitzender des Vorstandes, Manfred Bitter, den Sachverhalt wie folgt dar: "Das Stadthaus wurde für die Stadtverwaltung Wittlich errichtet. 1996 war der Neubau fertig, der Mietvertrag mit einer Laufzeit von 15 Jahren wurde mit Bürgermeister Hagedorn verhandelt, die Mietbedingungen waren für beide Vertragsparteien akzeptabel." 2005 habe dann Bürgermeister Ralf Bußmer gefragt, ob das Stadthaus durch die Stadt erworben werden könne. Der Verkauf scheiterte wegen unterschiedlicher Preisvorstellungen, die Stadtverwaltung widmete sich dem Neubauprojekt. Im Februar 2009 "unterbreitete die Stiftung der Stadtverwaltung das Angebot, den Mietvertrag zu ändern. Zentraler Punkt war dabei die Reduktion des Quadratmeterpreises von 9,71 Euro auf sieben Euro im Falle einer längerfristigen Bindung. Dieses Angebot wurde nicht angenommen". Manfred Bitter sagt im Hinblick auf die Wirtschaftlichkeitsuntersuchung durch den Landesrechnungshof, dafür sei das Mietzinsniveau im Vergleichsobjekt Stadthaus von wesentlicher Bedeutung. "In diesem Zusammenhang ist es für den Vermieter, dem sein Hauptmieter auszufallen droht, eine Selbstverständlichkeit, den Rechnungshof darüber zu unterrichten, dass der Stadtverwaltung Wittlich Ende 2011 erneut eine Mietzinsreduzierung auf sieben Euro pro Quadratmeter angeboten wurde. " Auch habe die Nikolaus-Koch-Stiftung der Stadt ein neues Verkaufsangebot gemacht hat. Jetzt gebe es durch einen Leerstand von 691Quadratmetern auch zusätzliche Nutzungsoptionen. Manfred Bitter schließt seine Stellungnahme: "Abschließend gestatte ich mir den Hinweis, dass die Nikolaus Koch Stiftung mit Herrn Bürgermeister Rodenkirch in einem offenen und vertrauensvollen Dialog steht." sos

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