Raub, Körperverletzung, Nötigung: Jugendbande steht vor Gericht

Wittlich · Drei junge Männer aus Wittlich müssen sich seit gestern vor dem Jugendschöffengericht für eine Reihe von Straftaten verantworten.

Schwerer Raub, gefährliche Körperverletzung, Bandendiebstahl, Beleidigung, Nötigung, körperliche Misshandlungen, Fahren ohne Führerschein… Es ist schon erschreckend, was die jungen Männer - 16, 17 und 18 Jahre alt - laut Anklageschrift alles auf dem Kerbholz haben sollen. Gestern begann vor dem Jugendschöffengericht Wittlich der Prozess. Ein Dutzend Zeugen trat auf, unter ihnen mehrere Opfer der mutmaßlichen Täter. Die Angeklagten gaben die ein oder andere Straftat zu, andere wiederum stritten sie ganz oder teilweise ab.

Gleich fünf Fälle verhandelte gestern das Gericht, und in der kommenden Woche, wenn der Prozess fortgesetzt wird, werden weitere zur Sprache kommen. Einer der schwerwiegendsten Vorwürfe: Die drei und ein weiterer junger Mann, der inzwischen untergetaucht ist, sollen sich zusammengetan haben, um sich durch Diebstähle und Raubtaten zu bereichern.
Der Fall Säubrennerkirmes:

Während der Säubrennerkirmes im vergangenen Jahr lauern zwei der Angeklagten laut Anklage nachts einem Kirmesbesucher auf, als dieser sein Haus in Wittlich betritt. Es kommt zu einer Rangelei, die Angeklagten stehlen ihm den Geldbeutel. "Es ist dem Mann aus der Hose gefallen, und dann habe ich es genommen", lautet die Erklärung des jungen Manns. "Ich habe darüber nicht weiter nachgedacht." Kommentar von Richter Josef Thul: "Da muss man aber schon hoch kriminell denken."
Der Fall Goldkette:

Die drei Angeklagten und weitere junge Männer gehen laut Anklage monatelang in der Wittlicher Wohnung eines alleinstehenden Mannes ein und aus. Er vertraut ihnen, gibt ihnen Zigaretten und Getränke. Er leiht ihnen Geld, was er nicht wiederbekommt. Schließlich rauben sie ihm eine goldene Halskette im Wert von 1100 Euro. Einer lacht das Opfer noch hämisch aus. Sie nennen sich mal Ali, mal Hassam, mal Mascham. Der Zeuge, er war zum Tatzeitpunkt alkoholisiert, kann vor Gericht die Namen nicht mehr exakt zuordnen, er kann auch nicht sagen, wer genau ihm die Kette vom Hals genommen hat. Warum er die jungen Männer immer wieder in seine Wohnung ließ, obwohl sie ihm doch zuvor bereits Bargeld aus seinem Geldbeutel gestohlen hätten, will der Richter wissen. "Ich bin halt so gutgläubig", sagt der 56-Jährige. Zu den Angeklagten gewandt sagt er: "Ihr seid so jung, ihr seid kräftig, ihr könntet was aus euch machen. Eigentlich tut ihr mir nur leid."
Der Fall Kajüte Binsfeld:

Schließlich eine Straftat, die sich im Oktober 2015 in Binsfeld ereignet haben soll. Zwei junge Frauen verlassen die Diskothek Kajüte. Sie gehen eine Straße runter. Mit großer Geschwindigkeit nähert sich von hinten ein schwarzer BMW mit vier Insassen, der ganz dicht an sie heranfährt, so die übereinstimmenden Aussagen der beiden. Die Scheiben werden runtergedreht, die jungen Männer beschimpfen die Frauen in übelster Weise. Ein paar Meter weiter hält der BMW, eine der Frauen klopft an die Heckscheibe, um die Männer auf ihr unerhörtes Verhalten aufmerksam zu machen. Eine Straße weiter wartet die Schwester einer der Frauen mit dem Auto, um sie nach Hause zu fahren. Der Fahrer des BMW nimmt die Verfolgung auf. Mehrere Kilometer fährt er ganz dicht auf, hupt und betätigt die Lichthupe. Schließlich überholt er das Auto und bremst es aus. Die vier jungen Männer steigen aus und klopfen drohend gegen die Fensterscheiben. Die Fahrerin behält allerdings die Nerven, kann wenden und wegfahren. Die 22-jährige Zeugin erinnert sich: "Ich hatte panische Angst." Der Fahrer erzählt vor Gericht eine andere Geschichte. Es habe keine Beleidigungen gegeben, eine der Frauen habe vielmehr grundlos auf die Motorhaube geschlagen. "Und warum haben sie das Auto mit den Frauen verfolgt?", will Richter Thul wissen. Die Antwort: "Es ging mir ums Prinzip."
Der Fall Polizeiwache:

Schließlich ein Fall, der sich auf der Wittlicher Polizeiwache abgespielt haben soll. Einer der Angeklagten ist dort vorgeladen. Es kommt zu einem Wortgefecht zwischen ihm und einem Polizisten. Der Angeklagte behauptet, der Beamte habe zu ihm "Arschloch" gesagt und ihn gegen eine Wand gestoßen. Das habe er auf seinem Handy aufgezeichnet. Darauf ist später aber nichts Derartiges gespeichert.
Der Polizist hat die Szene in anderer Erinnerung. Der junge Mann habe "Scheiß Deutschland" gerufen. Er könne ja Deutschland verlassen, wenn es ihm hier nicht gefalle, habe er ihm geantwortet.
Eine Kriminalbeamtin erzählt, sie habe schon viele Jahre mit den Angeklagten zu tun. Sie seien schon als Zwölf- bis 13-Jährige polizeibekannt gewesen. Und sie sagt über den 17-Jährigen: "Er verhält sich extrem respektlos, provoziert ständig und leidet unter einer grenzenlosen Selbstüberschätzung."

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