Raus aus der Stadt, rein in die Natur

LÖTZBEUREN. 30 Jahre lebten Daniela und Tobias Sierig in der Millionenstadt Berlin. 1992 zogen sie in die beschauliche Hunsrückgemeinde Lötzbeuren. Dort fühlen sie und ihre vier Kinder sich wohl. Zumal sie fast jede freie Minute ihrem Hobby widmen können: Reiten und Fahren mit der Kutsche.

 Im Winter geht's mit dem Pferdeschlitten über die schneebedeckten Felder und Wiesen. Im Sommer zogen die Sierigs sogar eine Woche mit dem Planwagen übers Land.Foto: Winfried Simon

Im Winter geht's mit dem Pferdeschlitten über die schneebedeckten Felder und Wiesen. Im Sommer zogen die Sierigs sogar eine Woche mit dem Planwagen übers Land.Foto: Winfried Simon

Endlich: In der Nacht hat es kräftig geschneit, die Landschaft rund um Lötzbeuren ist schneeweiß bedeckt. Heute kann es losgehen - mit dem Pferdeschlitten über Felder und Wiesen. Tobias Sierig kommt kurz nach vier Uhr von seiner Arbeit, noch gut zwei Stunden ist es hell und das muss man ausnutzen. Seine Frau Daniela hat bereits die Pferde Lena und Amigo aus dem Stall geholt. Heute darf aber nur Lena ran. Mit dem Schlitten raus in die Natur. In der kalten, klaren Winterluft und bei herrlichem Sonnenschein ist es ein Genuss für Mensch und Tier. Daniela Sierig legt dem Haflingerpferd mit geübten Handgriffen das Fahrgeschirr an. Sie schnallt der braven Stute den Bauchgurt an, streift ihr das Kopfgestell über und führt sie zum Schlitten. Heute dauert es etwas länger bis Lena die richtige Position gefunden hat und die Schere des Schlittens befestigt ist. Vielleicht, weil ein Fremder alles beobachtet, vielleicht aber auch, weil sie es kaum erwarten kann loszutraben. Tobias nimmt die Gerte in die Hand. Ehefrau Daniela und Tochter Josi nehmen auf dem Schlitten Platz. Ein kurzes Zungenschnalzen genügt und Lena zieht mit unbändiger Kraft den Schlitten über Felder und Wiesen. "Ja, wir sind hier auf dem Dorf sehr glücklich", sagen beide. Daniela und Tobias Sierig kamen 1992 in den hübschen Hunsrückort. Sie hatten das Stadtleben satt, die Hektik, die vielen Menschen, die vielen Autos, das teure Leben. Vor allem die Natur haben sie in der Großstadt vermisst. In Lötzbeuren kauften sie ein Haus und schafften sich zwei Pferde an. Pferde sind ihre große Leidenschaft. "Vielleicht liegt es an den Genen", meint Tobias, dessen Großmutter ihren Lebensunterhalt als Kutscherin verdiente. Im Sommer fahren die Sierigs mit ihren Kindern Felicitas (16), Josi (13), Jonathan (11) und Victoria (8) mit der Kutsche oder dem großen Wagen übers Land. Mal eben zum Spaß, gelegentlich aber auch, um Holz oder Heu zu transportieren. Im vergangenen Herbst waren sie zweimal mit dem Erntewagen zum acht Kilometer entfernten Sägewerk gefahren, um Holz zu holen. Ein Fuhre wog fast eine Tonne. Zusammen mit dem Eigengewicht des Wagens mussten die beiden Pferde eine Last von 1,5 Tonnen über das bergige Gelände befördern. Doch den beiden Haflingern macht das nichts aus. Daniela Sierig: "Die Stute Lena hat von ihrer Mutter etwas Welsch-Blut und von der väterlichen Seite einen leichten Arabereinschlag mitbekommen. Das macht sie so zäh und leistungsbereit. Kaltblüter-Wallach Amigo setzt sein Gewicht ein, um jeden Berg zu bezwingen." In de Ferien organisieren sie Kutschen-Fahrlehrgänge für Kinder und Erwachsene. Eine ausgebildete Fahrwartin kommt dann nach Lötzbeuren und erteilt Unterricht. Im vergangenen Jahr erfüllten sich Daniela und Tobias Sierig einen ganz besonderen Traum: Sieben Tage lang fuhren die beiden, gezogen von Amigo und Lena, mit dem Planwagen durchs Land.

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